Wir fliehen vor dem bescheidenen Wetter aus Hyder und fahren zurück zur Meziadin Junction und weiter auf dem Stewart-Cassier Highway 37 Richtung Süden. Nach wenigen Kilometern besuchen wir das Lax an Zok Fish Camp des Gitanyow Stammes der First-Nation am Meziadin River, die hier seit mehr als tausend Jahren leben.
Diese Station, an einer Fischtreppe an einem Wehr gelegen, erlaubt es den Indianern, einfach mit Netzen die Lachse aus dem Fluss zu fischen. Das Recht, hier Lachse zu fangen hat nur die First Nation. Und nur die Indianer unterliegen beim Fang von Lachsen keiner Beschränkung.
Wir sehen hier endlich zum ersten Mal auf unserer Reise Lachse. Durch ihren unbegreiflichen Instinkt getrieben, versuchen die Fische beharrlich immer wieder, die etwa 1,5 m hohe künstliche Stufe zu überwinden, was bei der hier gegebenen Strömung einfach unmöglich ist. Der Fluß ist hier geschätzt 30 Meter breit. Ein Chief des Camps, Greg, erzählt uns, dass sicher über 90% der Lachse letztlich die Fischtreppe finden und so den Aufstieg schaffen. An „guten“ Tagen (für die Indianer, nicht für die Lachse) fangen sie hier bis zu 700 Lachse. Da zur Zeit nur wenige Lachse ankommen, sind es heute bisher etwa 10, aber andernorts gibt es überhaupt keine Lachse.
Der Zug der Lachse nach 5 bis 6 Jahren genau zurück zu ihrem Geburtsort (in einem Fluss oder Bach), um dort zu laichen und zu sterben, ist eine der erstaunlichsten Geschichten aus der Tierwelt. Die Lachse, die während ihrer Reise praktisch nichts mehr fressen, müssen teilweise mehr als 1.000 km zu ihrem Geburtsort „bergauf“ schwimmen. Der Meziadin Fluß z.B. hat hier eine sehr starke Strömung und alleine die Versuche, dieses Wehr zu überwinden, müssen unglaublich viel Energie kosten. Die Natur opfert diesem Trieb zum Laichen buchstäblich alles und so entstehen die sogenannten Ghost Salmons, die wie Monster aussehen, weil der Körper des Fisches bis zu einem selbstzerstörerischen Stadium für die Reise aufgezehrt wurde. Und als wäre das nicht schon genug, warten an den Küsten die Fangschiffe und entlang der Flüsse Heerscharen von Fischern, Bären, Adlern und sonstigem Getier, die alle an dem Festmahl auf Kosten der Lachse teilnehmen.
Der Zug der Lachse, nichts weniger als ein Wunder.
Kurz vor unserer nächsten Station in Hazelton besuchen wir noch eine Fischtreppe, an der wir Indianer beim Lachsfischen beobachten können. Auch hier müssen die Fische eine Steilstufe überwinden, bei der zwei Fischtreppen den Aufstieg ermöglichen.
In Hazelton gibt es ein Museum, in dem den Besuchern das frühere Leben des hier ansässigen Gitksan Stammes nahegebracht wird. Es sind mehrere Langhäuser und viele Totempfähle aufgebaut, in denen bei einer Führung die Lebensumstände der Gitksan erklärt werden. Abweichend von unserer Vorstellung von nomadischen Indianern in den typischen Zelten waren diese Indianer sesshaft und eine Sippe von etwa 40 bis 70 Mitgliedern hat jeweils ganzjährig in einem Langhaus gelebt. Die sehr fruchtbare und wildreiche Gegend machte ein nomadisches Leben nicht mehr zwangsweise notwendig. Bei der Führung werden die Gitksan als sehr naturverbundenes Volk dargestellt, das nur mit anderen Sippen Handel trieb. Das Thema der gegenseitigen Überfälle um Frauen und Arbeitssklaven zu erbeuten und der entsprechenden Rachefeldzüge wird eher am Rande erwähnt. Aber hey, niemand ist vollkommen… 😉
Das Wetter ist weiterhin ziemlich schlecht und zu allem Überfluß ist unser großes Dachfenster undicht geworden. Ich sehe nach und stelle fest, dass die Dichtungen von beiden Dachhauben porös geworden sind und herausbröseln. Laut Bimobil muss das Dachfenster jeweils raus und neu abgedichtet werden. Ich versuche, mit partiellem Erfolg, die Fenster erst mal mit Tape provisorisch abzudichten.
In Prince George bleiben wir mal wieder für zwei Nächte auf dem Walmartparklplatz, um eine Wetterbesserung bei unserem nächsten Ziel abzuwarten. Barkerville und der Bowron Lake.
Barkerville ist ein historisches Städtchen in den Caribou Mountains, das etwa um 1860 durch einen Goldrausch entstanden und zur Blütezeit über 8.000 Einwohner hatte.
Es gibt über 100 mehr oder weniger originalgetreue Gebäude aus dieser Zeit sowie über den Tag verteilt verschiedenste Führungen. Wieder lassen wir uns von den Geschichten rund um die Jagd nach dem schnellen Geld faszinieren. Z.B. vom Wasserrad (professionelle Goldsuche mit Aufzug, Pumpe und Waschanlage) und von der von „Billy“ Barker, dem der Ort seinen Namen verdankt. Er wurde, aus einfachen Verhältnissen in England kommend, nach jahrelangen Fehlversuchen quasi über Nacht märchenhaft reich, konnte damit aber nicht umgehen und hat in wenigen Jahren alles wieder verloren. Er starb im Armenhaus von Victoria.
Weiter geht es zum Bowron Lake, wo man auf mehreren in einem Viereck angeordneten Seen eine etwa einwöchige Kanurundtour von mehr als 100 km unternehmen kann. Eines der Must-Do‘s für ambitionierte Paddler aus aller Welt. Wir wollen es bei einer eintägigen Tour am ersten See belassen.
Am Abend erreichen wir den See, der Himmel ist wolkenverhangen. Am nächsten Morgen ist es grau in grau, aber gottseidank nur durch Hochnebel. Als dieser sich auflöst, starten wir unsere Tour.
Wir paddeln durch den Bowron Lake und weiter zum Swan Lake …
… und am Nachmittag das Ganze zurück. Auf dem Rückweg haben wir teils Gegenwind und Wellen, was die Sache anstrengend macht. Wir sind jedenfalls froh, als wir nach 7 Stunden und etwa 22km rechtschaffen müde am Ausgangspunkt anlanden. Endlich mal wieder ein herrlicher Tag.
Am nächsten Tag fahren wir über den Caribou Gold Rush Circle, eine mehr als 120 km lange, einsame Schotterstrasse von Barkerville durch die Berge nach Likely. Irgendwo auf dem Weg besuchen wir den Ghost Lake mit seinem herrlichen Wasserfall aber auch vielen Mücken …
… und danach das Chocolat Moose Cafe und Lodge, wo es mitten in der Wildnis eine Art Käsekuchen gibt, der ganz frisch aus dem Ofen kommt und den meine Geschmacksnerven nicht wirklich einsortieren können. Wir plaudern als einzige Gäste eine Stunde mit Marie, der etwas schrägen Betreiberin, die mich stark an die Schauspielerin Kathy Bates erinnert.
Angeregt durch Franz‘s Reisebericht der Gegend hier geht es weiter zum Wells Gray Provincial Park, der für seine vielen Wasserfälle bekannt ist. Wir machen ein paar kleinere Wanderungen …
… und sehen uns einige der Wasserfälle an, u.a. die Spahat Falls und die Helmcken Falls, letzterer einer der schönsten Wasserfälle, die ich je gesehen habe.
Am nächsten Tag besuchen wir am Morgen das Farmgelände von John und Alice Ray, die hier mit ihren Kindern von 1932 bis 1946 gelebt haben. Der Farmer und seine Frau wurde später dann sogar auf ihrem geliebten Farmgelände beerdigt.
Während Monika ein Stück zurückbleibt um noch ein paar Blumen zu fotografieren, treffe ich auf dem schmalen, eingewachsenen Pfad zurück zum Parkplatz in einer Kurve unvermittelt auf einen Schwarzbären, der mir entgegenkommt! Ich bleibe abrupt stehen und hoffe, der Bär würde ins Gebüsch ausweichen. Macht er aber nicht. Daraufhin beschließt mein Stammhirn (?), meinen alten Körper mittels Adrenalin im Handumdrehen auf Defcon 2 hochzufahren. Ich versuche, mich an die möglichen Verhaltensregeln zu erinnern, aber da ich für Experimente eher keine Zeit mehr habe, trete ich den geordneten Rückzug an, drehe mich um und schlendere vor dem Bären her (bloß nicht rennen !). Ich rufe Monika zu, dass hier ein Bär sei und sie sagt mir später, dass sie mich gehört hat, aufgesehen hat und schon kam ich mit dem Bären im Schlepptau um die Kurve. Der Bewuchs ist hier sehr dicht und ein Weggehen vom Pfad würde bedeuten, dass wir den Bären komplett aus den Augen verlieren. Monika hat die rettende Idee und wir gehen auf eine Holzplattform neben dem Weg, auf der diverse Schautafeln zur Farm angebracht sind. Auf der Plattform machen wir dann richtig Krach indem wir auf den Brettern herumstampfen. Wenn der Bär jetzt zu uns auf die Plattform kommt, wird es eng, aber endlich weicht der Bär für ein paar Meter ins Gebüsch aus, machte einen kleinen Bogen um uns, um gleich darauf wieder auf den Pfad zurückzukehren und dort weiterzulaufen. Die Steine, die uns vom Herzen gefallen sind, waren sicher im ganzen Park zu hören.
Später am Nachmittag laufen wir dann noch eine Stunde zu dem hübschen Moul Falls, der sehr beliebt ist, weil man ganz spektakulär hinter dem Wasserfall durchlaufen kann. Entsprechend groß ist allerdings trotz vorgerückter Stunde auch der Andrang beim Wasserfall.
Wir übernachten ausserhalb des Parks in Clearwater und fahren am nächsten Tag (Samstag, 28.7.) nach Vancouver, wo wir am Fährhafen übernachten wollen. Durch eine kleine Fehlinterpretation der Karte auf dem Navi befinden wir uns unversehens in der Schlange für die 20 Uhr Fähre nach Nanaimo auf Vancouver Island, wo wir noch in der gleichen Nacht ankommen.
Das ist Erlebnis pur! Und die Steine hat man bis hier fallen hören 😉
Grüße
Evelyn & Andreas
Haben mit Freude und Interesse Euren Bericht verfolgt. Die Wasserfälle im Wells Gray haben auch uns sehr gut gefallen. Solltet Euch mal überlegen, eine Bärenglocke anzuschaffen. Schließlich gibt es auf Vancouver Island auch Bären.
Wünschen weiterhin gute Reise und schöne Erlebnisse.
Gruß Uschi und Franz
Ich vermute mal, der Baer hat den Schoko-Kuchen in die Nase bekommen ? !
Eure Reiseberichte sind genial ! Weiterhin viel Spass und Vergnuegen.
Solltet ihr im November mal Ruhe brauchen : wir sind fuer zwei Wochen in FL ……. ( It’s just a flight away ….. )
Josef