Lehnt euch zurück, nehmt euch etwas Zeit, holt euch eine Tasse Kaffee und kommt mit auf eine lange, interessante Achterbahnfahrt…
Am Sonntag, den 11. August, erreichen wir Bogota. Aufgrund der teilweise merkwürdigen Straßenführung dort und unserer überforderten Navigationssysteme, verfransen wir uns einige Male, erreichen aber schließlich unser Ziel, den Parkplatz Parqueo Macarena nahe dem Zentrum, auf dem wir auch Übernachten können.
Gleich nach der Ankunft machen wir uns auf den Weg Richtung Goldmuseum. Der Eintritt ist heute frei und es wird dort sicher einiges los sein. Aber Montag ist das Museum geschlossen und Dienstag möchten wie weiterfahren, also jetzt oder nie. Letztlich halten sich die Menschenmassen aber im Rahmen und wir schlendern gebannt durch die größte Ausstellung dieser Art weltweit. Etwa 55.000 Exponate aus mehr als 2.000 Jahren können hier besichtigt werden. Eines der Highlights ist ein goldenes Floß mit verschiedenen Figuren darauf, das die im letzte Bericht genannte Zeremonie an der Laguna Guatavita darstellen soll. Das überaus komplexe Floß ist aus einem Stück gegossen und kündet von herausragenden kunsthandwerklichen Fähigkeiten der Künstler seiner Zeit.
Danach schliessen wir uns gleich noch einer dreistündigen Altstadtführung an, die zufällig gerade vor dem Museum beginnt. Wir besuchen einige wichtige Plätze, gehen kurz in die Ausstellung von Botero, dem wichtigsten Künstler Kolumbiens, und besuchen den ältesten Teil Bogotas, „wo alles begann“. Hektor, unser enthusiastischer Guide, führt uns durch quirlige Gassen und läßt uns Chicha probieren, ein traditionelles, alkoholisches Getränk, früher aus zerkautem und danach fermentiertem Maisbrei, heute, Gottseidank ohne den unappetitlichen Teil, aus Maisbrei und Zuckerrohr angesetzt. Geschmack und Anmutung der Brühe lassen mich jedoch zweifeln, dass der Teil mit dem Zerkauen heute wirklich weggelassen wird. 😉
Außerdem probieren wir Chucula, das geschmacklich an Trinkschokolade erinnert, sehr nahrhaft ist, aber weder Schokolade noch Kakao enthält sondern etwa 7 verschiedene Bohnensorten.
Am Abend bin ich ganz glücklich, dass mein Bein gut durchgehalten hat.
Am nächsten Morgen gehen wir zunächst nochmal in die Boteroausstellung. Die immer gleichen Motive der Bilder und Skulpturen, mit unproportionierten Körpern und ausdruckslosen Gesichtern sind sicher nicht jedermanns Sache, aber der Mann ist international sehr erfolgreich und ganz sicher unverwechselbar. Neben den Exponaten von Botero sind auch viele andere berühmte Künstler in der Ausstellung vertreten.
Die Seilbahn auf den Cerro Monteserrate ist unser nächstes Ziel. Oben am Berg nieselt es, es ist ziemlich kühl. Der Ausblick von oben auf Bogota ist trotzdem sehenswert, die Stadt scheint endlos zu sein. Allerdings fällt auf, dass die Skyline sich verglichen mit Cartagena eher bescheiden ausnimmt.
Auf dem Nachhauseweg lasse ich mich von einem jungen, geschniegelten Rotzlöffel (sorry!) von Taxifahrer mit einem einfachen Trick finanziell übers Ohr hauen, was mich noch tagelang ärgern wird. Ich alter Depp…
Jetzt soll es vor Medellin nach Guatape und damit zum unverwechselbaren Piedra de Penol, einem Granitmonolithen mit 200m Höhe und schönem Ausblick, gehen.
Da die Strecke für einen Tag zu weit wäre, machen wir unterwegs beim Rio Claro halt. Wir besuchen das Naturschutzgebiet Riserva Natural Rio Claro, gehen dort im klaren Fluss an einem rund gelutschten Marmorstrand baden und wandern noch ein Stück flussaufwärts zu einer Art Tropfsteinhöhle. Für die Übernachtung fahren wir einige km weiter zum Campingplatz Rio Claro La Pena Zona de Camping, ebenfalls am Fuss gelegen. Auch hier kann man wunderschön baden. Ansonsten sind wir mit dem Platzwart Ruen wieder einmal allein. Am Abend essen wir im Dunkeln draußen, während um uns rum die Glühwürmchen blinken. Aber obwohl der bezaubernde Platz hier zum Verweilen und Entspannen einlädt, fahren wir am nächsten Tag weiter, denn durch die geringe Höhe von etwa 250m wird es tagsüber doch wieder sehr warm.
Deutlich angenehmer ist es am Stausee Embalse de Penol, der auf etwa 1.900m liegt. Hier finden wir mit Glück (die Besitzer selbst sind nicht hier) mit dem kleinen Lake Hotel wieder einen Traumplatz mit tollem Blick über den verzweigten Stausee. Auf der anderen Seeseite liegt Guatape und der eigenwillige Piedra de Penol. Hier verbringen wir zwei entspannte, ruhige Tage.
Am Sonntag, den 18. August reißen wir uns wieder los und fahren morgens hinüber zum Felsmonolith. Obwohl Sonntag ist, was großen Rummel erwarten lässt, sind wir guter Dinge, denn als wir dort ankommen ist es erst 9 Uhr. Zu unserer Überraschung stehen auf dem Parkplatz vor dem Aufstieg bereits an die 20 Busse, auch der normale Parkplatz ist schon gut gefüllt und es wumselt von Besuchern. Der Fels sieht schon imposant aus. In einer natürlichen Spalte hat man Treppen gebaut. Über 650 Stufen führen hinauf zum Gipfel. Ich möchte mir das nicht antun, so ist es Monika, die die Fahne als trutzige Allgäuer Bergmaid hochhält und das Ungeheuer erklimmt. Ich mache derweil ein paar Bilder mit der Drohne. Sowohl der eigenartige Felsdom als auch der Blick auf den See sind spektakulär und trotz des Trubels sind wir froh, hergekommen zu sein.
Nach der Besichtigung des Piedra fahren wir noch ein paar km in den Ort Guatape und staunen über die aufwendigen und liebevollen Verzierungen der superbunten Häuser. Der gestalterische Einfallsreichtum der Bewohner ist hierbei höchst unterhaltsam. Wir wandern eine Stunde durch den Ort, gehen Essen und fahren dann weiter nach Medellin.
Die Fahrerei heute ist wieder krass, dichter langsamer Verkehr, wobei die Motorradfahrer fahren wie in einem Videospiel und so ist es traurig, aber kein Wunder, dass wir auf dem Weg an zwei Unfällen mit Motorradfahrern vorbei kommen. In Medellin gibt es eine weitere Überraschung: der Parkplatz, den wir ansteuern, hat morgen geschlossen wegen Maria Himmelfahrt (das wurde kurzerhand auf Montag verschoben, damit es ein langes Wochenende gibt!) und so können wir dort nicht bleiben. Gottseidank finden wir ganz in der Nähe das Hostel Marcado, wo wir auf der Strasse vor dem Hostel stehen können.
Am nächsten Morgen machen wir uns mit der Metro auf den Weg zu einem Problemviertel, der Comuna 13, wo wir an einer Führung teilnehmen. Hier hat bis vor wenigen Jahren die Bandenkriminalität mit brutaler Gewalt und Willkür die Menschen geknebelt. Schießereien waren an der Tagesordnung. Unvorstellbar, hier Kinder groß zuziehen. So wurde z.B. der Vater unseres weiblichen Guides Yulieth erschossen, weil er eine unsichtbare, willkürlich von der lokalen Gang gezogene Grenze innerhalb seines Viertels überschritt. Jungs wurden oft schon mit 14 Jahren von einer Gang rekrutiert, um das eigene Territorium mit Waffengewalt zu verteidigen bzw. auszuweiten. In den Hochzeiten des Bandentums gab es in Medellin mehr als 6.000 Tote pro Jahr. Medellin war damit in den 1990igern eine der gefährlichsten Städte weltweit und die gefährlichste Stadt Südamerikas. Die Comuna 13 war dabei der Stadtteil, den es unbedingt zu meiden galt. Die Stadt hat mit 24 militärischen Aktionen, bei denen auch mehrere Dutzend unschuldige Zivilisten getötet wurden, bis 2002 vergeblich versucht, der Banden Herr zu werden. Dass man sich heute dort als Tourist unbehelligt bewegen kann, ist letztlich vielen Solzialprojekten (es gibt z.B. eine sechs-stufige Rolltreppe in die höher gelegenen Teile des Viertels!) und einem Stillhalteabkommen der Banden untereinander zu verdanken. Die Comuna 13 ist für ihre verschachtelten, selbstgebauten Häuser und für die vielen kunstvollen Graffitis bekannt. Inzwischen besuchen täglich mehrere Tausend Touristen dieses Viertel, in entsprechend viele Führungen. Es gibt jede Menge wunderschöne Graffitis und wir können auch eine beeindruckende Show junger Breakdancer sehen, die hier etwas gefunden haben, was ihnen Spaß macht und wofür sie Anerkennung und Geld bekommen. Die Führung mit den entsprechenden Hintergrundinformationen war sehr interessant, aber auch erschreckend, wenn man bedenkt, dass die Gangs (und damit der Horror für die Bewohner) hinter den Kulissen weiterhin existieren.
Da wir mit der Comuna 13 den spannendsten Teil der Stadt gesehen haben, fahren wir nach zwei Nächten weiter zu den Kaffeeplantagen in Richtung Süden. Vor dem Kaffee machen wir einen Schlenker zu den Wachspalmen von Samaria. Diese sehr langsam wachsenden Quindio-Wachspalmen, die bis unglaubliche 60m hoch werden können, gibt es nur in Kolumbien. Wir besuchen ein abgelegenes und wenig bekanntes Gebiet auf fast 3.000 Metern in den Bergen. Wie meist in Kolumbien ist die ganze Strecke eine Aneinanderreihung von Kurven, die man auf der Haupttangente nach Manzales meist hinter einem LKW herfährt. Die letzten 50km quer in die Berge haben es besonders in sich. Zunächst geht es über einen langen Pass, mit einer abenteuerlichen Abfahrt auf einspurigem Schotter (wir kommen durch kleine Siedlungen, wo die Leute uns anschauen als wären wir ein UFO), dann wieder hinauf nach Salamina, und gegen Ende dann durch eine 20km lange, staubige Baustelle nach San Felix. Letztere nervt besonders, denn immer wieder müssen wir warten, bis bestimmte Arbeiten erledigt sind oder der Gegenverkehr an einspurigen Stellen durch ist.
Das Land ist sehr fruchtbar, bis auf weit über 2.000m wachsen Bananen. Für die heutige Strecke von 200km brauchen wir sieben Stunden. Der Mirador Valle de la Samaria entschädigt jedoch für die Mühen. Der Bauer Luis und seine Frau haben hier in den Bergen ein kleines Juwel geschaffen. Neben vielen anderen Bäumen und Pflanzen sind wir umgeben von den merkwürdigen Wachspalmen, die Umgebung könnte nicht malerischer sein. Wir wandern mit Luis durch die wunderschöne Landschaft und lassen uns die Pflanzen und Tiere erklären. Das Anwesen erinnert an eine Alm und einen Bauernhof, es gibt Pferde, Kühe, Schafe, ein Lama, Truthähne und Hühner. Außerdem baut Luis u.a. Kartoffeln, Mais und Baumtomaten an. Zur Erinnerung, das Ganze auf 2.900m.
Am nächsten Morgen fahren wir zurück durch die nervige Baustelle (wieder brauchen wir fast 2 Stunden für 24km) und dann weiter bis hinter Manzales wo wir auf der Hazienda Guayabal – Chinchina, einer Kaffeeplantage, halt machen. Die Hazienda produziert aus fast 700.000 Kaffeepflanzen etwa 200 Tonnen Kaffee pro Jahr. Für den nächsten Morgen buchen wir die obligatorische Kaffeetour, auf der mit Philipe zweieinhalb sehr kurzweilige Stunden verbringen. Wir erfahren sehr viele interessante Informationen über dan Anbau und die Verarbeitung des Kaffees, sammeln selbst Kaffeefrüchte in der Plantage und dürfen selbst schmecken, wie extrem unterschiedlich derselbe Kaffee abhängig vom Brühvorgang schmeckt. Ein kleiner Querschnitt über das Gelernte: Kolumbien rühmt sich, den qualitativ besten Kaffee weltweit zu erzeugen. Dies führt dazu, dass der eigene Kaffee lieber exportiert wird und für die Bevölkerung viel billigerer Kaffee aus anderen Anbauländern importiert wird. Wir lernen, dass die Qualität des Kaffees u.a. von der Farbe und Größe der Bohnen abhängt und diese entsprechend sortiert werden (früher alles per Hand). Der Kaffee wird ungeröstet exportiert, damit spart man die sonst fällige Steuer. Außerdem haben die verschiedenen Länder unterschiedliche Röstgewohnheiten. In sechs Ländern (u.a. Frankreich und Italien) wird dem Kaffee nach dem Rösten noch Zucker zugesetzt (erkennbar an einem Begriff auf der Verpackung, der mit „Torre“ beginnt), was u.a. für die dauerhafte Crema beim Aufbrühen sorgt. Für eine Tasse Espresso braucht man übrigens etwa 120 Bohnen und ein guter Pflücker schafft 200 .. 300kg pro Tag! Wir leisten uns auch noch ein Mittagessen, eine sehr leckere Forelle, bevor wir weiterfahren.
Wir stoppen kurz beim Wasserfall und den warmen Quellen bei Santa Rosa. Leider sind die Warmwasserbecken so stark frequentiert, dass wir uns das Baden verkneifen.
Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir unser heutiges Ziel, die Finca Steel Horse, die außerhalb von Filandia gelegen von zwei Engländern, Paul und Ivette, geführt wird. Mein Bein meldet sich wieder und signalisiert, dass ich es besser nicht übertreiben sollte. Aber hier ist ein perfekter Platz, um ein wenig die Seele baumeln zu lassen und so bleiben wir drei Nächte. Wir treffen auf Dos und seine Frau, ein kenianisches Paar, das mit zwei Motorrädern auf Weltreise ist, in Buenos Aires angefangen hat und nach Norden unterwegs ist. Die beiden, sehr nett und umgänglich, sind, nicht zuletzt aufgrund ihrer Herkunft, mit die ungewöhnlichsten Reisenden, die wir getroffen haben. Außerdem treffen wir Olaf auf seiner African Twin, der ebenfalls auf der Panamericana Richtung Süden unterwegs ist. Und so gibt es mal wieder nette Gespräche mit Gleichgesinnten. Einmal fahre ich mit Paul hinauf nach Filandia und sehe mir den sehr bunten Ort ein wenig an, ansonsten lassen wir es ruhig angehen.
Weiter geht es nach Popayan zum Campground Rayos del Sol, etwas außerhalb gelegen. Hier stehen wir einsam auf einer Wiese mit schönem Ausblick über das Land. Popayan, eine alte spanische Kolonialstadt, ist nicht sonderlich spektakulär, kommt aber im Gegensatz zu vielen anderen Orten ganz in Weiss daher. Beim großen Erdbeben in 1983 wurden hier über 200 Menschen getötet, viele davon in der Kathedrale. Auf dem Zentralplatz gibt es gerade eine Kundgebung der Lehrer. Polizisten mit Schilden und Knüppeln stehen bereit, falls es zu hitzig wird, aber alles bleibt friedlich. Unser Besuch per Bus in Popayan endet in einem kleinen Disaster, denn wir nehmen auf dem Nachhauseweg zweimal(!) den falschen Bus und irren etwa eineinhalb Stunden konsterniert in der Rushhour durch völlig falsche Viertel der Stadt. Letztendlich nehmen wir uns ein Taxi und müssen uns zerknirscht eingestehen, dass wir für den öffentlichen Nahverkehr nicht ausreichend qualifiziert sind.
Jetzt geht es noch einmal über die Cordilliera Central hinüber nach San Augustin. Die Strecke von etwa 145km klingt wieder mal easy. Allerdings brauchen wir mehr als 5 Stunden für die Fahrt, denn die entscheidenden 40km über den 3.200m hohen Pass sind nicht nur ungeteert, sondern in einem mehr als erbärmlichen Zustand. Die Strasse ist ungaublich schlecht und die großen LKW`s und Sattelzüge, die sich ebenfalls hier drüberquälen, fahren höchstens mit Schrittgeschwindigkeit. Ich glaube dies ist überhaupt die schlechteste Strasse, die ich bisher gefahren bin. Die fremdartige Vegetation, die Hochmoore und der streckenweise dichte „Dschungel“ rechts und links der Strasse sind jedoch absolut sehenswert. Wir fahren viel in den Wolken, die Sicht ist schlecht, der Weg schlammig und es gibt Wasserlöcher mit der Fläche von Swimmingpools. So sehen wir auch die zwei Vulkane nicht, zwischen denen wir hier durchfahren. Auf solchen Strecken bin ich sehr froh über unser robustes Auto. Über den Anblick des Inhalts in den Schränken nach solch einer Fahrt bereiten wir den Mantel des Schweigens.
Obwohl wir vor genau 40 Jahren schon mal in San Augustin waren, hat dieser Ort scheinbar einen Dornröschenschlaf gehalten (sicher auch wegen der hier lebenden Guerillas). Denn obwohl die archäologisches Funde hier Geltung von Weltrang haben (seit 1995 UNESCO Weltkulturerbe), ist der Ort deutlich weniger touristisch als viele andere Orte, die wir besucht haben. Wir schlagen unser Lager im Camping La Cumbre Del Macizo von den Brüdern Pablo und David auf, der in bequemer Laufdistanz zur archäologischen Stätte liegt. Dort verbringen wir dann am nächsten Tag auch vier kurzweilige Stunden und sehen uns zunächst das Museum und dann die vielen über das weitläufige Gelände verteilten Skulpturen und Gräber an, deren Ursprung vor geschätzt 2.000 Jahren immer noch im Dunkeln liegt. Die Vegetation im Park besteht aus üppigem Regenwald, denn hier regnet es sehr viel (auch während unserem Aufenthalt).
Nach zwei Nächen geht es südwärts weiter nach Mocoa (auf 500m im Amazonas-Tiefland). Zeitweise regnet es stark und an vielen Stellen ist die Strasse wegen Murenabgängen stark beschädigt bzw. einspurig. Von Mocoa fahren wir gespannt auf die „Trampolin del Muerte“ (das Trapez des Todes), eine verrufene Schotterstrasse. Diese führt wieder zurück über die Cordilliera Central nach Pasto. Die aus dem Fels gesprengte Strasse, die bis auf über 3.200m hinaufführt, hat, aus dem gleichen Grund wie ihre fast namensgleiche Schwester in Bolivien, traurige Berühmtheit erlangt.
Die Fahrt ist in jeder Hinsicht spektakulär, die Strasse immer wieder einspurig, mit unübersichtlichen Haarnadelkurven und sehr ausgesetzt. Wenn ein Auto oder ein LKW entgegenkommt, wird es spannend und man versucht, entsprechend vorausschauend zu fahren. Trotzdem muss ich einmal ein ziemlich weites Stück am Abgrund entlang zurückfahren, um einen LKW passieren lassen zu können. Wir sind zu spät losgefahren und übernachten deswegen auf halber Strecke bei einem kleinen Restaurant am Straßenrand.
Bis Mitternacht kommen aus der Gegenrichtung LKW`s vorbei und wir können uns nicht erklären, warum diese die schwierige Strecke nachts fahren. Des Rätsels Lösung sehen wir am nächsten Tag. Fast am anderen Ende der Strecke ist eine Mure abgegangen und hat die Strasse verschüttet (wir sind auch unterwegs immer wieder durch solche freigeräumten Muren gefahren). Das Freiräumen von mindestens einer Spur hat wohl bis abends gedauert.
Wir machen an der Laguna de la Chocha im Schweizer Camp Chalet Guamuez Station, gönnen uns „zum Auszittern“ ein Zimmer und essen im Restaurant ein gegrillte Forelle.
Auf dem Weg zur Grenze besuchen wir am nächsten Tag erst gleich nebenan das „Venedig Kolumbiens“. Dort führt ein Wasserweg parallel zur einzigen Strasse durch das ganze Dorf. An diesem Kanal liegen haufenweise lange schmale Motorboote (nicht ganz unähnlich den Gondeln in Venedig), dem Hauptverkehrsmittel zwischen den ganzen Dörfern an der Lagune. Das Gebiet, auf dem das Dorf steht ist Teil des Sees, all die individuellen, bunten Häuser stehen auf Stelzen im Wasser. Wir schlendern durch das höchst ungewöhnliche Dorf und finden viel zu viele Fotomotive.
Der weitere Weg zur Grenze nach Ipiales wird immer wieder durch die Baustellen eines riesigen Straßenbauprojektes verlangsamt. Kurz vor Ipiales biegen wir nochmal links ab und besuchen das eigenwillige Santuario las Lajas, eine sehr schöne Kirche, die scheinbar auf einem Aquädukt errichtet wurde. Hier gibt es heiliges Wasser, das schon viele Wunder gewirkt haben soll (ähnlich wie in Lourdes) und so strömen viele Pilger hierher. Der Weg zur Kirche ist von Souvenirständen gepflastert. Die Kirche selbst liegt sehr pittoresk in einer steilen Schlucht, rund um die Kirche sind die Felsen voller kleiner Steintafeln, die die hier geschehenen Wunder dokumentieren. Heute ist Samstag und es sind viele Besucher hier, jedoch kaum ausländische Touristen. Die vielen indigenen Pilger beten andächtig in der Kirche und spenden eine Kerze in einem kleinen Schrein außerhalb der Kirche. Auch ich spende eine Kerze und wir lassen uns von diesem wundersamen Ort verzaubern.
Die Zeit drängt denn wir möchten ja heute noch über die Grenze nach Ecuador. Also reißen wir uns los und fahren weiter. Zu unserem Erstaunen stehen wir die letzten 700m vierspurig auf die Grenze an und ich denke, das wird heute wohl nix mehr. Aber nach etwa 30 Minuten erreichen wir gegen 15:45 die kolumbianische Grenzstation. Die Grenze selbst ist in diesen Tagen oft von zahllosen Flüchtlingen aus Venezuela belagert, verschiedene Hilfsorganisationen sind vor Ort und helfen den armen Menschen mit dem Notwendigsten aus.
Heute ist erstaunlich wenig los und so brauchen wir für die Grenzformalitäten gerade mal 90 Minuten. Gegen 19:30 erreichen wir bei Dunkelheit unser heutiges Ziel, die Finca Sommerwind bei Ibarra.
Fazit: Kolumbien hat uns (wie viele andere vor uns) sehr positiv überrascht. Die Landschaften und Sehenswürdigkeiten sind grandios, selbst das unendliche Gekurbele über die vielen Pässe auf teils grausamen Strassen entschädigt durch herrliche Berglandschaften und sehenswerte, saubere Dörfer. Die Menschen sind neugierig und sehr freundlich, nie haben wir uns unwohl gefühlt. Einzig das Verhalten der Kolumbianer auf den Strassen lässt sich mit den sonstigen Erlebnissen kaum in Einklang bringen. Kleiner Wermutstropfen sind auch die vielen für uns nicht offensichtlichen kriminellen Strukturen im Land und leider hat die FARC am Tag vor unserer Ausreise den Waffenstillstand aufgekündigt. Hoffentlich gibt es keinen Rückfall in vergangen geglaubte, schwere Zeiten.
Hallo Georg und Monika,
wieder ein Superbericht mit tollen Fotos über ein Land von dem wir viel zu wenig wissen. Die vielen Erlebnisse und Begegnungen am Rande machen das Ganze sehr lebhaft und anschaulich. Besonders der Piedra de Penol und die Kirche Las Lajas haben mich sehr beeindruckt.
Weiterhin eine tolle, erlebnisreiche Reise und viele Grüße aus der Heimat,
Rainer
Wie immer eine tolle Lektüre zum Kaffee 🙂
Viel Spaß nun in Ecuador.
hey toll, Kolumbien wird mein nächstes Reiseziel. ; ) das ist doch das Radlerland schlechthin ?!! bei den Strassenbaustellen wäre ich dann immer der 1. der vorne u. forbei ist ha ha…. eine der wenigen Radreisevorteile. hier ? kündigt sich grad der Herbst an, schöne Grüsse aus dem im Moment nassen kühlen Allgäu, Helge
Hola
Hoy estoy el primero porque he esperado para tu reporte todo dia.
Wiedermal klasse geschrieben, tolle Bilder. Viele liebe Grüsse und bleibt gesund.
Frank