Nach unserer kleinen Ruhepause in Fairbanks geht es weiter in den Denali NP, eines der Highlights von Alaska schlechthin, denn dort befindet sich in der Alaska Range u.a. der Denali (früher Mount McKinley), mit fast 6.200m der höchste Berg Nordamerikas. Denali bedeutet in der Sprache der athapaskischen Ureinwohner ganz einfach „der Hohe“.
Auf dem Weg zum NP passieren wir eine Kneipe, auf deren Hof man den alten Bus aus dem Film „Into the Wild“ anschauen kann. Er sieht dem Original, in dem der Protagonist Chris McCandless seine letzte Zuflucht gesucht hat, zum Verwechseln ähnlich.
Leider ist das Wetter immer noch ziemlich schlecht und so fahren wir am ersten Tag nur ein Stück in den Park (man darf selbst mit dem Auto knapp 25 km in den Park reinfahren) und laufen dort ein wenig herum. Die Gegend hier ist ganz nett. Und da wir jetzt schon mal da sind, buchen wir für den nächsten Tag eine Busfahrt, die ungefähr 100 km in den Park hineinführt (hin und her ca. 8 Std.).
Wir haben Glück und am nächsten Tag ist das Wetter etwas besser als erwartet. Unser Busfahrer ist ein netter Typ, der den Tag sehr unterhaltsam gestaltet. Der Park ist für seinen Tierreichtum bekannt und er enttäuscht uns nicht. Unterwegs sehen wir mindestens 8 Grizzlys, zwei Gruppen von Dall-Schafen (hoch in den Grashängen), einzelne und eine größere Gruppe Karibus und einige Elche.
Die Landschaft im hinteren Teil des Parks (von Gletschern geformte weite Täler umrahmt von Bergketten) ist schon ein Hammer und wirklich spektakulär. Leider erlaubt es das durchwachsene Wetter nicht, dies entsprechend auf Bildern einzufangen.
Wir schaffen es aber zumindest in den 30%-Club, denn nur etwa 30% der Besucher sehen den Berggipfel des Denali, der meist in Wolken ist. 6.200 m Höhe klingt erst mal nicht so viel, wenn man allerdings bedenkt, dass man sich dem Berg auf einer Höhe von weniger als 1.000m nähert, ist der Berg ein Riesenklotz und braucht Vergleiche mit dem Himalaya nicht zu scheuen.
Eine absolut lohnende Busfahrt.
Weiter geht es, endlich bei gutem Wetter, entlang des Denali NP‘s nach Süden mit weiteren herrlichen Ausblicken, auch auf den Denali, wobei man auf der ganzen Fahrt von Bergketten links (Talkeetna Mountains) und rechts (Alaska Range) eingerahmt bleibt. Wunderschön.
Am Nachmittag erreichen wir Talkeetna am Susitna-Fluss, Touristenort und Zentrum für die Bergsteigerei in der Gegend. Da man das Basislager am Denali nur per Flugzeug erreichen kann, ist das Bergsteigen hier eng mit dem Fliegen verknüpft. Es gibt z.B. eine Gaststätte, in der die Namen und Geschichten der Pioniere der Lüfte dokumentiert ist, die, oft bei dem Versuch andere zu retten, ihr Leben verloren haben. Ein hübscher Ort mit vielen kleinen Geschäften in alten Holzgebäuden und mit vielen Touristen.
In Talkeetna erhaschen wir nochmal einen Blick auf den Gipfel des Denali. Über uns fliegen ständig kleine Flugzeuge Touristen in die Alaska Range zum Denali Bergmassiv. Das Wetter sieht immer noch ganz gut aus und so beschließen wir, wenn möglich heute noch einen Rundflug in die Alaska Range zu buchen. Mit Glück erhaschen ich noch einen Platz in einer kleinen Cessna (zusammen mit einem indischstämmigen Paar mit Kind aus Chicago).
Auf dem Flugplatz ist die Hölle los, da in den letzten drei Tagen nicht geflogen werden konnte. Ständig suchen Piloten ihre Passagiere und es geht zu wie in einem Taubenschlag. Endlich werde auch ich aufgerufen und es kann losgehen. Wir können etwa 100 km von der Alaska Range sehen, die Luft ist wegen des Regens der letzten Tage sehr klar. Der Flug ist spektakulär, wir überqueren mehrere Pässe auf etwa 3.000m, wobei die kleine Maschine jeweils ziemlich durchgeschüttelt wird.
Unter uns ziehen diverse Gletscher und das Bergsteiger-Basislager am Denali auf etwa 2.500m vorbei. Jedes Jahr versuchen sich etwa 1.200 Bergsteiger aus aller Welt am Denali, etwa die Hälfte davon erfolgreich. Das größte Problem ist dabei das Wetter mit Stürmen und Temperaturen bis durchaus minus 50 Grad. Die vielen Zelte sind auf der großen Gletscherzunge kaum auszumachen. Wir sehen auch Bergsteiger, die an diesem Nachmittag den Gletscher hoch Richtung Gipfel unterwegs sind. Winzige, verlorene Pünktchen im scheinbar unendlichen Weiß. Heute, bei klarer Sicht und Sonnenschein sieht das alles fast idyllisch aus.
Danach geht es in ein anderes Tal, in dem zwei Flugzeuge auf dem Gletscher gelandet sind (man kann den Rundflug auch mit Gletscherlandung buchen). Neben der „Landebahn“ sitzt auf einem kühnen Berggrat ein rundes Chalet wie ein Adlerhorst. Der Pilot erzählt uns, dass das Chalet maximal 8 Personen beherbergt und eine Nacht im Chalet pro Person 3.200 USD kostet, wobei mindestens drei Nächte zu buchen sind. Man wird mit dem Heli hochgeflogen und von einem Sternekoch verwöhnt. Der buchstäbliche Wahnsinn! Mal sehen, vielleicht im nächsten Leben…
Ich mache viele Bilder und die 75 Minuten sind viel zu schnell vorbei.
Am nächsten Tag verlassen wir Talkeetna (wieder im Regen) und fahren durch Anchorage zu einem Campground am türkisfarbenen Skilak Lake, durch den der Kenai River fliesst, einem begehrten Ziel für Lachs-Angler. Bei der Fahrt entlang des Kenai River sieht man einige Male Gruppen von Anglern teilweise bis zur Brust im Wasser stehend Fliegenfischen, was ziemlich eigenartig aussieht.
Leider regnet es immer wieder und so fahren wir am nächsten Tag weiter Richtung Südwesten. Ziel ist Homer, wir machen aber in Anchor Point (dem westlichsten Punkt unserer Reise in den USA) einen Zwischenstop. Gotteseidank bessert sich das Wetter im Laufe der Fahrt erheblich und die Sonne kommt heraus. Wir fahren bis ans Meer und halten am herrlichen langen Sandstrand, wo sich uns ein ungewöhnliches Schauspiel bietet. Auf dem Strand streiten sich etwa fünfzig Möven, einige Krähen und etwa zwanzig Weißkopfseeadler um Fischreste, die entweder von den Booten der Fischer auf dem Meer stammen und die es wohl oft an dieser Stelle anschwemmt, oder die teilweise auch von einheimischen Fischern hier für die Adler abgelegt werden. Inmitten der kreischenden Horde der Möven und der kleinen Krähen sitzen einige der Adler souverän auf ihrer jeweiligen Beute, müssen sich aber gegen die Übernahmeversuche aus der eigenen Zunft wehren. Rund um dieses Gewimmel sitzen weitere Adler weit verteilt auf dem Strand wie Zuschauer. Man traut seinen Augen nicht.
Nächstes Ziel ist Homer in etwa 20 km Entfernung. Homer ist die Halibut-Hauptstadt der Welt, also einer der besten Plätze um Heilbutt zu angeln. Diese merkwürdigen Fische sind sehr begehrt (weißes, köstliches Fleisch) und werden zudem sehr groß (bis zu 200 kg). Ein Teil von Homer liegt malerisch auf einer schmalen Landzunge, die weit in die Kachemak Bay hinausreicht und ein Gefühl der Ausgesetztheit gegenüber den Naturgewalten vermittelt.
Das große „Lands End“ Schild am Ende der Landzunge stellt den ersten symbolischen Umkehrpunkt unserer Reise dar. Die Durchquerung des Kontinents ist nach mehr als 13.000 km zu Ende, die Reise nach Süden beginnt…