19. In Kalifornien…

Es ist immer noch neblig an der Küste entlang und so fällt es uns nicht schwer, gleich nach ein paar Kilometern in Kalifornien einen kleinen Abstecher weg von der Küste in den Jedediah Smith Redwood State Park zu machen.

Der Campground soll sehr idyllisch in einem Redwood Wald liegen. Wir bekommen tatsächlich noch einen der letzten beiden Plätze. Am Morgen wandern wir durch die Anlage in der viele große Redwoods stehen und sind begeistert. Beeindruckende Bäume, bis zu 2.000 Jahre alt! Redwoods gab es schon viele Millionen Jahre, als noch Dinosaurier die Erde beherrschten. Wir wandern über den Smith River in den angrenzenden Wald und dort ist es ein wenig so wie beim Betreten einer der alten, katholischen Kathedralen mit riesigen Säulen in Spanien: ob gläubig oder nicht, es überläuft einen ein Schauer und es stellt sich eine gewisse Ehrfurcht ein vor der schieren Größe.

Birken (Vordergrund) vs. Redwoods
Im Wald...
Im Wald…

Wie oft sieht man Bäume mit mehr als zwei Metern Durchmesser? Die riesigen Stämme stehen dicht an dicht und gehen kerzengerade in den Himmel. Anschließend fahren wir noch eine kleine Schotterstrasse, die sich 10km Richtung Küste durch die Riesen schlängelt, unterbrochen durch unsere ständigen „Ah‘s“ und „Oh‘s“. Dabei beginnt hier erst die Gegend der Redwoods.

Große Bäume - kleiner Toyota
Große Bäume – kleiner Toyota

Ein kleiner Abstecher zum Fern Canyon, einem durch die Goldsucher gegrabenen Canyon (!) in dem verschiedenste Farne die Wände bedecken, ist ebenso lohnend. Ein hübsches Kleinod am Meer.

Im Fern Canyon
Im Fern Canyon
Farne über Farne
Farne über Farne

Wir fahren nach Crescent und übernachten auf dem Walmart-Parkplatz. Die ganze Nacht hängen irgendwelche Freaks um unser Auto rum und wir schlafen nicht wirklich gut.

Am nächsten Tag lade ich in der öffentlichen Library (dort gibt es immer gutes WiFi) den Beitrag über Oregon hoch und wir übernachten nach ein paar weiteren Kilometern bei Klamath.

Weiter geht es auf einer Scenic Road durch den Redwood NP, wo wir während einem der zahlreichen Stops zu einem „Big Tree“ hinlaufen. Der ist sage und schreibe 86 Meter hoch (wie ein 30-stöckiges Wohnhaus) und hat am Boden über 7 Meter Durchmesser. Man muss es gesehen haben, um es zu glauben. Nächstes Highlight ist der Humbold Redwoods State Park, durch den die „Avenue of the Giants“ führt, die sich zwischen den dicken Stämmen teils hautnah durchschlängelt und ihrem Namen alle Ehre macht. Jedesmal wenn man anhält und aussteigt kann man die Dimension dieser Bäume kaum glauben. Ein wirklich beeindruckendes Erlebnis.

Monika im Baum
Monika im Baum

Wir übernachten in Redway und zweigen am nächsten Tag bei Geyserville vom Highway 101 ab auf die 128 ins berühmte Napa Valley. Heute ist Sonntag und wir enden in Calistoga, wo es am Abend eine Art Straßenfest in der Hauptstraße geben wird. Hierfür wird auf einer Länge von ca. 200m eine laaange Tafel aufgebaut, an der die Teilnehmer ein Zig-Gänge-Menue serviert bekommen. Entlang der Strasse gibt es diverse Bars, an denen man verschiedene Weinsorten probieren kann. Wir schlendern am Abend bei herrlichem Wetter und sehr angenehmen warmen Temperaturen (tagsüber waren es 32 Grad) durch die Strasse und trinken einige Gläser Wein. Das Ganze erinnert vom Flair her ein wenig an einen herrlich lauen Abend im Sommer irgendwo in Italien.

Da der Toyota bei bestimmten Gelegenheiten ein merkwürdiges Stottern zeigt, beschließen wir, am nächsten Tag in Somona bei Mudrak vorbeizuschauen, einem Land Cruiser Spezialist gleich „hier ums Eck“. Dort rätselt man auch und so machen wir für den nächsten Tag einen Termin, an dem die Ventileinstellungen überprüft werden sollen. Da wir deshalb noch mindestens einen Tag in der Gegend bleiben müssen, fahren wir nur ein paar Kilometer weiter zum Campground im Sugarloaf Ridge State Park (bei Santa Rosa) und machen unterwegs auf dem Weingut Kunde (der Gründer ist 1904 aus Dresden hierhergekommen) eine kleine Weinprobe. Das macht Spass und die Weine sind auch ganz lecker, aber die Preise pro Flasche liegen etwas jenseits unserer Schmerzgrenze, so dass wir keinen Wein kaufen. Auf dem in den Hügeln gelegenen Campground bekommen wir einen wunderbar schattigen Platz, was sehr angenehm ist, denn es ist auch heute wieder sehr warm.

Am nächsten Tag in der Werkstatt wird festgestellt, dass das Spiel der Ventile teilweise viel zu gering ist. Diese Werte müssen durch neue Ventilplättchen („Shims“) korrigiert werden.

Toyotas unter sich ...
Toyotas unter sich …

Bis die Ersatzteile eintreffen fahren wir für zwei Tage nach San Francisco. Die Anfahrt von Norden erfolgt über die Küstenstrasse, eine unglaubliche Kurverei an der schönen Küste entlang. Wir übernachten auf dem Aussichtsparkplatz bei der Golden Gate mit Blick auf die Skyline. Wunderschön.

Golden Gate am Abend
Golden Gate am Abend
Blick auf die Skyline bei Nacht
Blick auf die Skyline bei Nacht

Am nächsten Tag gehen wir mit 100 USD/Nacht auf den teuersten Campground unseres bisherigen Lebens. Der liegt beim früheren Stadion der 49er‘s, das inzwischen abgerissen wurde und ist, obwohl das Wort ein wenig verbrannt ist, quasi „alternativlos“. Auf dem Highway durch die Stadt dorthin kommt man sich vor wie in einem Dritte Welt Land, so schlecht ist sein Zustand. Morgens, es ist bewölkt und es weht ein kalter Wind, treffen wir auf dem Campground zunächst Heinz und Christine aus der Schweiz mit ihrem Wohnmobil, die mit einer Unterbrechung über Weihnachten in etwa ein Jahr unterwegs sein wollen. Wir unterhalten uns, wie es so schön heißt, über Gott und die Welt und wollen mal sehen, ob wir uns nicht nochmal irgendwo im mittleren Westen über den Weg laufen. Dann treffen wir noch Ulli und Monika mit ihrem VW-Bus mit FFB-Kennzeichen, die drei Monate durch die USA gondeln und auch hier entspannt sich eine nette Unterhaltung. Gegen Mittag fahren wir mit Uber nach Downtown (ich installiere auf die Schnelle die APP und nach einigen Anlaufschwierigkeiten klappt es dann sehr gut).

Vom Union Square mäandern wir über Chinatown und Coit Tower langsam runter bis zum Pier 39 und lassen am Fishermans Wharf in Jack‘s Bar (68 Draft Biere) den Tag ausklingen.

Blick auf San Francisco vom Coit Tower
Blick auf San Francisco vom Coit Tower
Die Bar vom Jack mit 68 Bieren vom Faß
Die Bar vom Jack mit 68 Bieren vom Faß

Die totale Kommerzialisierung und die Gestrandeten, auf die man allerorts trifft, haben der Magie, die diesem Ort in unserer Vorstellung immer zu eigen war, ziemlich zugesetzt.

Den Tag danach versandeln wir und besuchen am Abend noch den Scenic Overview nördlich über der Golden Gate, um noch ein paar Fotos, der von der Sonne angestrahlten Brücke zu schiessen und übernachten gleich noch einmal auf dem Aussichtsparkplatz nördlich der Brücke.

Freitag früh ist San Francisco im Nebel verschwunden. Wir sehen uns noch Sausalitos an (wo wir vor Jahren mal während der Semicon West Messe, auf der camLine immer vertreten ist, in einem sehr guten Restaurant gegessen haben) und hier speziell die Hausboote, die sehr malerisch und in unglaublicher Vielfalt an den diversen Stegen liegen. Die Anlage ist überwiegend sehr anheimelnd bepflanzt und ich würde gerne einige der Hausboote von innen sehen. Bei unserem Spaziergang sehen wir immer wieder Kolibris, die an den vielen exotischen Pflanzen am Hafen entlang frühstücken.

Hausboote in Sausalitos...
Hausboote in Sausalitos…
... teilweise mit interessantem Design
… teilweise mit interessantem Design

Weiter geht es nach Somona, wo wir in der Werkstatt erfahren, dass unsere Ersatzteile aus Japan geliefert werden müssen und das noch eine Woche dauern wird! So ein Mist. Und wir wissen nicht mal, ob das unser Problem beheben wird, von den Kosten gar nicht zu reden.

Wir müssen umdisponieren und bleiben nochmal zwei Nächte in der Nähe auf dem Sugarloaf Ridge Campground um einige aufgelaufene kleine ToDo-Punkte zu erledigen und um dann, nach dem Wochenende nach Yosemite zu fahren.

Wir erreichen Yosemite am Nachmittag und fahren gleich noch hoch zum 2.200m hoch gelegenen Glacier Point, von dem aus man einen sehr schönen Blick auf den Half Dome und das Yosemite Valley hat.

Blick vom Glacier Point - rechts der Half Dome
Blick vom Glacier Point – rechts der Half Dome

Es ist ein herrlicher wolkenloser Tag und so machen wir auf dem Rückweg gleich noch eine kleine Wanderung zum Sentinel Dome mit ebenso schönem Blick ins Tal.

Auf dem Sentinel Dome
Auf dem Sentinel Dome

Als wir von dort zurückkommen, wird es langsam dunkel und wir fahren los, um wieder ca. 60km aus dem Park raus zu fahren und draussen zu übernachten. Plötzlich stehen an der Strasse rechts und links diverse Autos und Wohnmobile und wir beschliessen, ebenfalls hier stehenzubleiben. Vielleicht ist man hier doch nicht so streng wie befürchtet. Als wir aussteigen, sehen wir, dass wir direkt unter der Wand des El Capitan stehen, der vom Mondlicht beschienen wird. In der berühmten Wand sehen wir die Lichter der Seilschaften, die in der Wand übernachten. Das volle Gänsehaut-Programm und ein wahrhaft atemberaubender Anblick. Wir stehen noch eine ganze Weile draussen und beobachten mit dem Fernglas das Treiben äußerst ausgesetzt hoch oben in der Granitwand.

Am frühen Morgen fahren wir zur Campground Reservation Stelle und lassen uns auf der Warteliste für einen Platz eintragen. In der Warteschlange vor dem Office lernen wir Ingrid kennen, die vor 50 Jahren in die USA ausgewandert ist und mit ihren fast 80 Jahren alleine in einem alten Toyota-Pickup mit selbst ausgebauter Kabine unterwegs ist. Am Abend teilen wir uns einen Platz auf dem Lower Pine Campground im Herzen des Yosemite Valley.

Am nächsten Tag wollen wir über den 3.000m hohen Tioga Pass rüber zum Mono Lake. Auf dem Weg bleiben wir nochmal unter der Wand am El Capitan stehen und zählen etwa 6 Seilschaften, die sich durch die verschiedenen berühmten Routen an dieser abweisenden Wand kämpfen.

Kletterer in der Wand der Wände
Kletterer in der Wand der Wände

Wir treffen Chris, einen Belgier, der lauter wilde Sachen macht. Er hat seinen Landrover von Wladiwostok im Osten Rußlands nach Vancouver verschifft und fährt jetzt hier immer wieder mal ein paar Wochen rum. Aktuell hat er nach 35 (!) Anträgen ein Permit für den ca. 350km langen John Muir Trail bekommen, den er morgen beginnen wird. Ein „wilder Hund“, wie man bei uns sagt.

Danach gehen wir noch zu den Klettereinstiegen am Fuß der Felswand, um den „heiligen“ Fels wenigstens mal berührt zu haben. Auf dem Weg kommen wir mit zwei ältere Herrschaften ins Gespräch, die in Gartenstühlen sitzend mit dem Fernglas in die Wand hinauf schauen. Wir erfahren, dass ihr Sohn sich gerade in der Wand befindet und sie natürlich um ihn zittern. Beide Kletterer der Seilschaft haben Frau und kleine Kinder zu Hause und es gibt irgendwelche Probleme in der Tour.

Endlich reißen wir uns los und fahren Richtung Tioga Pass, wo wir unterwegs noch über herrliche glatte Granitplatten auf zwei kleine Felsdome wandern. Mein Herz blutet bei all den moderaten Klettermöglichkeiten hier in der Gegend. Leider haben wir kein Equipment mit. Mindestens eröffne ich beim Stoamandlbauen eine neuen Schwierigkeitsgrad. 😉

Granitplatten ohne Ende...
Granitplatten ohne Ende…
Neue Dimension
Neue Dimension

Wir treffen uns wie abgesprochen mit Ingrid auf dem Tuolume Meadows Campground, wo wir wieder einen Platz teilen. Hier auf über 2.500m wird es mit unter Null Grad nachts bereits empfindlich kalt.

Morgens wandern wir noch zu den Soda Quellen und weiter geht es über den Tioga Pass runter zum Mono Lake, der wunderschöne, bizarre Fotomotive bietet.

Bizarre Gebilde am Mono Lake
Bizarre Gebilde am Mono Lake

Auf dem Parkplatz treffen wir dann Felix und Tina aus der Schweiz, die seit mehr als einem Jahr ebenfalls mit einem Land Cruiser mit Kabine unterwegs sind, auch bis nach Feuerland fahren und in einigen Tagen nach Mexiko ausreisen möchten. Ingrid und wir drehen zunächst noch eine Runde um den June Lake und treffen uns danach wieder mit den beiden Schweizern, um auf einem schönen Platz frei zu übernachten. Auf dem Weg dorthin, der sehr sandig ist, fährt sich Ingrid mit ihrem kleinen Pickup beim Umdrehen fest und wird unter großem Hallo schließlich wieder aus dem weichen, tiefen Sand herausgezogen. Am Abend sitzen wir noch lange draußen zusammen und tauschen Erlebnisse aus.

Nix geht mehr !
Nix geht mehr !
Sundowner am Mono Lake
Sundowner am Mono Lake

Nach einem kurzen Intermezzo bei den Hotsprings bei Markleville, die leider erst am folgenden Wochenende aufmachen, fahren wir zum Lake Tahoe und ins nahe Spielerparadies direkt hinter der Grenze nach Nevada, wo Monika ihren Geburtstag feiert.

Wir sind unentschlossen und frustriert, wie wir weiterfahren sollen, denn wir erfahren hier, dass die Ventilplättchen für den Toyota, wenn überhaupt, dann gerade erst in Japan weggeschickt worden sind. Wie lange die Sendung dauert, kann man nicht wirklich vorhersehen.

Zum ersten Mal hängen wir irgendwie in der Luft…

6 Antworten auf „19. In Kalifornien…“

  1. Hallo Ihr Beiden, kann es sein, dass Ihr ein Spielzeugauto vor die Bäume gestellt habt.
    Natürlich nicht, wir haben die Riesenbäume in der Mariposa Grove in Yosemite gesehen. Nicht ganz so groß, aber auch beeindruckend. Hoffentlich habt Ihr mit dem WoMo nicht noch größeren Ärger.
    Freuen uns über Eure tollen Bilder. (Top 1: El Capitan mit Spiegelung)
    Viele Grüße Uschi und Franz

  2. Hallo Ihr Beiden,
    Eure Bilder machen schon Lust – wir müssen aber derzeit
    Zelteln (auf der Wies’n) und nächste Woche geht’s dann nach
    Griechenland, kein Vergleich mit Amerika aber immerhin.
    Ich hoffe Ihr kriegt das Ruckelproblem hin – weiterhin
    viel Spaß auf Eurer Tour und viele Grüße aus
    Bayern

  3. Liebe Monika, lieber Georg,
    Ihr hört wenig von mir, gell. Aber ich genieße Eure Fahrt jeden Tag.
    Martin gibt ja die Kommentare, die wir unter uns besprechen-
    Ich freue mich immer sehr, wenn Foto von Euch dabei sind,
    Da kann ich sehen, daß es Euch richtig, richtig gut geht.
    Das macht mich glücklich.
    Eure Mama.

  4. Hallo ihr beiden,
    Nicht beirren lassen, ich bin mir sicher Ihr meistert dieses „ in der Luft hängen“ mit diszipliniertem geduldig sein.
    Unsere Disziplin ,nicht gleich loszufahren ,ist auch gewaltig, in Anbetracht all der schönen Plätze, die Ihr gerade bereist und die wir auch kennen.
    Die gewaltige Granitwand des „ El Capitan“ im Yosemite ist übrigens „ mein Bildschirmhintergrund“ und erinnert mich täglich an die aufregenden Dinge die es zu erleben gibt.
    Wir drücken Euch die Daumen, dass die Ersatzteile bald kommen….. und halten Euch ein Zimmer mit Poolzugang frei.
    Ich drück Euch, herzlichst Doris

    1. Hallo Doris,
      danke für deinen netten, aufbauenden Kommentar.
      Ja, der El Cap ist schon wirklich beeindruckend, was durch Bilder nur sehr unzureichend rüberkommen kann.
      Unsere Ventile sind inzwischen eingestellt, allerdings ist unser kleines Problem dadurch leider nicht gelöst worden.
      Jetzt schaun wir mal…
      LG Georg und Monika

  5. Wow, ein Hammer, dieBilder und auch euer Bericht, da kommt alles wieder hoch, obwohl’s schon sooo lange her ist seit ich dort war.
    Auch noch alles Gute zum Geburtstag für Monika und für denTojota viel Glück.
    P.S. In Füssen gibt’s jetzt ein Café in dem man den original “ Wechner’s Nusskuchen “ essen kann.
    Viel Glück noch auf eurem Trip.
    Ich hab euch immer auf dem Schirm ?
    Lg Chips

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