41. Ecuador Teil 1, die Mitte der Welt

Nach sage und schreibe 11 Nächten reissen wir uns von der Finca Sommerwind los und machen uns wieder auf den Weg nach Süden. Die Zeit dort wird ein Highlight unserer Reise bleiben.
Otavalo, vor allem für seinen Tiermarkt und die indigenen Trachten berühmt, wird unsere nächste Station. Da es dorthin nicht weit ist, besuchen wir vormittags den Kondorpark, eine Vogelauffangstation, die fast täglich Vorführungen mit verschiedenen Greifvögeln bietet.

Das Ansehen der verschiedenen Greifvögel und die Flugshow sind ganz nett, die Hauptattraktion für uns ist aber der Andenkondor, der, wie die anderen Vögel, in einer großzügigen Voliere untergebracht ist. Seine Größe (bei bis zu drei Metern Flügel-Spannweite) ist beeindruckend, der Weißkopfseeadler gleich nebenan, auch ein durchaus stattlicher Vogel, sieht dagegen wie ein Halbwüchsiger aus.

Nette Flugshow
Nette Flugshow
Schön ist er nicht, der Star der Show
Schön ist er nicht, der Star der Show

Wir stellen den Toyota auf dem Campground des von sehr netten Indios betriebenen Hostels Curinan ab und gehen gleich noch hinunter in den Ort. Heute gibt es zwar keinen Tiermarkt, aber auf dem Platz der Ponchos (einem täglichen Markt hauptsächlich für Touristen), werden wir in mehrfacher Hinsicht fündig. Monika kauft eine warme Wolljacke und neben zwei kleinen Schmuckstücken erstehen wir aus Nostalgiegründen auch noch zwei kleine geschnitzte Kürbisse, denn praktisch die gleichen Souvenirs haben wir von unserer Reise vor 40 Jahren von hier mit nach Hause gebracht. Auch T-Shirts mit Motiven zum 0. Breitengrad müssen natürlich sein, denn wir sind fast da.

Hier gibt es für jeden etwas...
Hier gibt es für jeden etwas…
... aber Frauen sind besonders gefährdet
… aber Frauen sind besonders gefährdet
Ich füttere die Hühner auf unserem Stellplatz beim Hostel Curinan
Ich füttere die Hühner auf unserem Stellplatz beim Hostel Curinan

Nach einer ruhigen Nacht wollen wir an einem Tag gleich zwei Kraterseen in der Umgebung anfahren. Zuerst geht es hinauf zur Cuichocha Lagoon, einem malerischen Kratersee mit zwei Inseln, der auf etwas über 3.000m liegt. Obwohl wir wegen vieler Wolken einen Blindflug befürchten, werden wir angenehm überrascht. Immer wieder kommt die Sonne raus und wir können eine schöne Wanderung am See entlang machen. Wir werden von einem jungen, weißen und sehr lieben Streuner begleitet und zum ersten Mal auf unserer Reise fällt es uns beiden schwer, ihn dort zurückzulassen.

Wunderschöne Cuichocha Lagoon
Wunderschöne Cuichocha Lagoon
Unser kleiner, netter Begleiter
Unser kleiner, netter Begleiter

Dass sich die Schmerzen in meinem Bein seit einigen Tagen nicht mehr bemerkbar machen, ist ein großes Glück für mich. So kann ich auch unsere Wanderungen wieder richtig genießen. Aber es bleibt die Erkenntnis, dass das Kartenhaus unseres Lebens eine fragile Angelegenheit ist.

Der zweite Kratersee, die De Mojanda Lagoon, auf der anderen Seite von Otavalo gelegen, ist ein härterer Brocken. Auf einer grob gepflasterten Strasse geht es 16km hinauf auf 3.700m. Hier oben hat es noch etwa 10 Grad und es ist stark bewölkt. Es gibt nur noch Grashänge, der üppige Bewuchs hat bei etwa 3.500m aufgehört.

Die Mojanda-Lagoon in karger Landschaft
Die Mojanda-Lagoon in karger Landschaft
Fahrt am See entlang
Fahrt am See entlang

Auf der anderen Seite des Sees soll es eine Schotterstraße in Richtung Süden geben, die uns einen ziemlichen Umweg (zurück nach Otavalo) ersparen würde. Sowohl die Strecke um den See als auch die Strecke auf der anderen Seite hinunter sind in iOverlander mit Warnhinweisen wegen der schlechten Straßenverhältnisse versehen. Letztlich ist die Strecke mit unserem Auto relativ problemlos zu befahren, ich muss ein- zweimal in Spitzkehren rangieren und die Strasse ist sehr staubig, sehr holperig oder beides. Bei der Fahrt weg vom See nach Süden geht es nochmal über einen Pass von über 4.000m, höher waren wir mit dem Toyota noch nie. Wegen des Leistungsverlustes in dieser Höhe fahre ich auf den steileren Passagen in der Untersetzung, ansonsten haben wir keine Probleme. Bei der Fahrt hinunter ins Tal haben wir einen herrlich weiten Blick, der hauptsächlich auf Gewächshäuser fällt. In dieser Gegend ist das weltweit größte Anbaugebiet für Rosen!

Gewächshäuser für Rosen, soweit das Auge reicht
Gewächshäuser für Rosen, soweit das Auge reicht

Nach etwa 57.000 gefahrenen Kilometern übernachten wir fast genau auf dem nullten Breitengrad auf dem Campingplatz „Mitad Del Mundo“ einer Indio-Familie.

Zum Abschied bekommen wir frische Avocados direkt vom Baum
Zum Abschied bekommen wir frische Avocados direkt vom Baum

Am nächsten Morgen besuchen wir die neue Sonnenuhr, die genau auf dem nullten Breitengrad steht (das alte Wahrzeichen steht mehr als 200m neben dem nullten Breitengrad). Wir lassen uns von einem engagierten jungen Mann die interessanten Hintergründe der Sonnenuhr und der diesbezüglichen Forschungen erklären und spenden ein paar Dollar für die weiteren Forschungen. Außerdem machen wir natürlich Fotos von uns in unseren neuen Null-Grad T-Shirts.

Geschafft! Zumindest bis zur Mitte...
Geschafft! Zumindest bis zur Mitte…

Dann geht es nach Mindo weiter, einem bekannten kleinen Ort 70km westlich von Quito im Regenwald. Die Fahrt zieht sich, wie so oft, es geht in grandiosem Gekurbel runter und rauf und wieder runter. Während es in der Höhe ziemlich schön ist, fahren wir im Regenwald in die Wolken.

Gleich am Nachmittag besuchen wir noch das Schmetterlingshaus in Mindo. In einm großen Gewächshaus mit exotischen Pflanzen gibt es etwa 10 verschiedene Schmetteringsarten, die überall herumflattern. Ganz nett. Draussen kann man noch den Kolibris zusehen, es gibt mehrere Fütterungsautomaten und Sitzbänke, um sich das Treiben in Ruhe ansehen zu können.

Auch sehr interessant: die verschiedenen Puppen
Auch sehr interessant: die verschiedenen Puppen
Verrückt, oder ?
Verrückt, oder ?
Quirlige Flieger
Quirlige Flieger

Gegen Abend fahren wir auf den wunderschönen La Bicok Campground des französischen Architekten Sebastian und seiner Frau Sylvia, die sich hier ein kleines Paradies geschaffen haben. Wermutstropfen ist, dass Sebastian etwas eigen ist und wir uns während unseres Aufenthalts nicht wirklich wohl fühlen, was schade ist.

Eigentlich ein sehr schöner Platz...
Eigentlich ein sehr schöner Platz…

ste Unternehmung hier ist die Wanderung zu 5 bzw. 6 Wasserfällen im Santuario de Cascadas. Um zum Startplatz der Wanderung zu kommen, fährt man mit der Tarabita, einer Art Seilbahn, die aus einem offenen Korb (für 6 Personen plus Gondelführer) besteht, der mittels eines Automotors in bis zu 150m Höhe mit hoher Geschwindigkeit (der Bediener des Motors gibt richtig Gas) auf die andere Schluchtseite gezogen wird. Von dort geht es hinunter zu einem kleinen Fluß und diesen durch dichten Regenwald entlang zu 5 kleinen Wasserfällen. Nach 3 Stunden und einem weiteren Wasserfall sind wir zurück am Startplatz der Tarabita.

Gondel auf Speed
Gondel auf Speed
Beruf: Gondel-Rennfahrer
Beruf: Gondel-Rennfahrer
Alles so schön grün hier
Alles so schön grün hier
Einer der kleinen Wasserfälle unterwegs
Einer der kleinen Wasserfälle unterwegs

Der Vorteil dieses touristischen Ortes ist, dass es hier überall italienisches Essen gibt, und so lassen wir den Tag bei einer guten Lasagne ausklingen.

Touristenmeile
Touristenmeile

Am darauf folgenden Tag machen wir wiederum eine Wanderung, diesmal in ein Vogelbeobachtungsgebiet beim „Yellow House“. Vögel sehen wir nur wenige, denn wir sind wieder nicht rechtzeitig aus den Federn gekommen, dafür sehen wir Affen, die uns mit waghalsigen weiten Sprüngen hoch in der Luft unterhalten.

Kletterkünstler
Kletterkünstler

Nach der Wanderung machen wir gleich noch eine Chocolate Tour, bei der uns erklärt und gezeigt wird, wie hier vor Ort Schokolade hergestellt wird. Nach der Tour dürfen wir auch verschiedenste Geschmacksrichtungen probieren, aber wir kaufen keine Schokolade, denn 5 USD für eine 50-Gramm-Tafel ist definitiv jenseits meiner Schmerzgrenze.

Traumjob: Schokoladentester
Traumjob: Schokoladentester

Quito ruft und wir machen uns aus dem Regenwald (in 1.200m Höhe) auf den Weg in die 2 Millionen-Metropole (auf über 2.800m). Erster Anlaufpunkt dort ist eine Werkstatt, denn ich habe ein kleines Problem im Zusammenhang mit der Hinterachssperre (ich verliere seit längerem laufend Öl aus dem hinteren Differential), das ich jetzt endlich gelöst haben möchte. Wir lassen den Toyota in der Werkstatt zurück und fahren mit dem Taxi ins sehr hübsche koloniale Zentrum, wo wir ein wenig herumschlendern und uns unter anderem eine Ausstellung von bis zu 6.000 Jahre alten künstlerischen Artefakten ansehen. Einige der ausgestellten Stücke sind auch aus La Tolita, einem abgelegenen Ort aus dem letzten Bericht. Wir übernachten in unserem Auto auf dem Hof der Werkstatt.

Uralt und doch irgendwie modern...
Uralt und doch irgendwie modern…

Am nächsten Tag bleibe ich in der Werkstatt um die Fortschritte zu beobachten. Am Abend bin ich enttäuscht, die eingebaute „Lösung“ überzeugt mich nicht und die Sperre hinten ist jetzt überhaupt nicht mehr zu verwenden. Also geben wir der Werkstatt noch einen letzten Tag Zeit und wir fahren nochmal in die Stadt um eine kostenlose Stadtführung mitzumachen. Die Tour mit dem charismatischen Guide Atiel dauert 4 Stunden und macht viel Spaß. Wir erfahren wieder viel über die Historie der Stadt und über Ecuador generell. Quito wurde im 16ten Jahrhundert auf den Ruinen einer Incastadt gegründet und die sehr gut erhaltene Altstadt ist seit 1978 Weltkulturerbe. Nach der Tour sehen wir uns noch einige absolut unglaubliche Kirchen an (etwas wie die große, innen praktisch komplett vergoldete Complemente de Jesus – fotografieren verboten – wird man kaum irgendwo sonst sehen) und gehen zum Schluss noch hinauf auf die ziemlich neue Basilika im gotischen Stil, die zwar sehr groß ist, im Gegensatz zu den alten Kirchen innen jedoch eher einfach daherkommt. Die Kletterei auf zwei der Türme macht aber echt Laune. Am Ende geht es ziemlich steile Leitern hinauf und hier sind viele der Besucher sichtlich überfordert.

Ansprechende Altstadt
Ansprechende Altstadt
Unglaublich prunkvolle Kirchen
Unglaublich prunkvolle Kirchen
Die "junge" Basilika
Die „junge“ Basilika
Steiler Aufstieg, fast bis zum Himmel
Steiler Aufstieg, fast bis zum Himmel
Blick über Quito von oben
Blick über Quito von oben

Als wir abends in die Werkstatt zurückkommen gibt es noch eine nette Überraschung, denn die Leute haben das Problem angeblich in den Griff bekommen. Die Sperre sollte wieder funktionieren, ohne Ölleck. Das ist natürlich super und ich bin schon gespannt (zwei Wochen später ist die Spannung wieder raus, die Lösung funktioniert nicht).

Am nächsten Tag geht es trotz bescheidenen Wetters los zum bekannten Vulkan Cotopaxi. Das Wetter ist schlecht, in der Nacht hat es geregnet und es müsste schon ein Wunder geschehen, dass wir in den nächsten Tagen etwas von dem Vulkan zu sehen bekommen. Aber wir möchten es wenigstens versuchen. Auf dem Weg zum Park kommen wir an einem Schild Cascade Condor Machay vorbei. Dort kann man eine Wanderung vorbei an mehreren kleinen Wasserfällen zu einem großen Wasserfall machen. Wir beschliessen spontan, heute hier zu bleiben und machen die wunderschöne dreistündige Wanderung zu dem hohen Wasserfall in einem Kessel am Ende einer Schlucht. Auch ist uns das Wetterglück hold, denn vor unserer Wanderung regnet es und gleich danach wieder und am Abend gibt es immer wieder Gewitter. Wir übernachten auf dem Parkplatz am Anfang des Wanderwegs.

Schön angelegter Wanderweg
Schön angelegter Wanderweg
Mehrere Wasserfälle auf dem Wanderweg
Mehrere Wasserfälle auf dem Wanderweg
Der Größte kommt zum Schluss
Der Größte kommt zum Schluss

Am Morgen fahren wir aus der Schlucht wieder hinauf auf das Hochplateau des Cotopaxi, eines der höchsten aktiven Vulkane auf dem Planeten, und trauen kaum unseren Augen: da steht er in seiner ganzen Pracht. So ein Glück! Schon als wir uns dem Vulkan nähern, ziehen wieder Wolken auf und schon gegen Mittag gewittert es wieder und der Vulkan ist nicht mehr zu sehen. Aber bis es soweit ist, fahren wir auf einer zuletzt sehr welligen Schotterstraße bis zum Parkplatz auf 4.630m Höhe (neuer Rekord mit dem Toyota). Dort schnallen wir die Wanderschuhe an und gehen hinauf zum Refugio auf 4.860m, wo die Gipfelaspiranten übernachten, um nachts um 12:00 die letzten Tausend Meter zu einem der drei Gipfel in Angriff zu nehmen. Zwischendurch sehen wir mal noch kurz den Gipfel, aber meist verbirgt er sich bereits wieder in den Wolken. Der Weg führt durch Schneereste, nachts hat es wohl ein wenig geschneit. Hier sind wir jetzt immerhin auf der Höhe des Mont Blanc, des höchsten Berges in Europa. Oben im Refugio trinken wir unseren ersten Coca Tee, der gut ist gegen die Höhenkrankheit. 😉

Am Parkplatz auf über 4.600m
Am Parkplatz auf über 4.600m
Mühsamer Aufstieg
Mühsamer Aufstieg
Refugio Jose Rivas
Refugio Jose Rivas
Geschafft!
Geschafft!
Am Schluss geht es die wilde Piste wieder runterrunter
Am Schluss geht es die wilde Piste wieder runter

Wieder zurück auf dem Parkplatz, der für einen Freitag gut besucht ist, fängt es an zu graupeln und zu gewittern. Gutes Timing ist eben alles. Wir bleiben auf dem Campground im Nationalpark auf etwa 4.000m. Das Thermometer zeigt 5 Grad und es regnet den ganzen Nachmittag weiter. Wider erwarten schneit es nicht in der Nacht und am Morgen steigen Nebel auf. Als ich raussehe, sind wir umzingelt von kleinen Kaninchen, die auf der Wiese frühstücken. Wir sehen, dass es heller wird und der Nebel sich auflöst und fahren nochmal Richtung Cotopaxi. Vielleicht ist er heute in der Sonne. Leider nur fast, denn er hat schon wieder seine Haube auf. Zum Abschluss wandern wir noch um die kleine Lagune am Fuße des Vulkans und sagen dann dem Cotopaxi Good-Bye…

Letzter Blick auf den Vulkan
Letzter Blick auf den Vulkan

Ecuador Teil 2 folgt in Kürze…

Eine Antwort auf „41. Ecuador Teil 1, die Mitte der Welt“

  1. Hallo liebe Monika, lieber Georg
    Wir sind in Leogang, es herbstelt gewaltig und auf den Bergen gegenüber liegt der erste Schnee.
    Gerade haben wir Apfelkuchen ,eigener Ernte, und Café genossen und haben Euch beide via „Reiseblog“ mit am Tisch.
    Ich habe dann auch die Finca Sommerwind gegoogelt und dank zahlreicher Bloggerbilder das reichhaltige deftige Speisenangebot bewundert, kein Wunder dass Ihr es dort so lange ausgehalten habt. Aber ich weiß ja , abenteuerliches nasses Urwaldgrillen ist Euch eigentlich lieber.
    Und wieder herzlichen Dank für die phantastischen Einblicke in Land , Leute, Landschaftsformationen und die Präsentation religiöser Prunkbauten. Ich bin immer wieder fasziniert; wo auf der Welt im Namen der Kirche solche Kolossalbauten errichtet wurden.
    Und „Hut ab“ zu Euren Wanderungen in dünner Höhenluft, aber an dieser Stelle auch „ Chapeau“ für Euren Toyota, der all diese Abenteuer so brav mitmacht.
    Weiterhin alles Gute………und schmerzfreie Gehstrecken?(= Formulierung aus med. Anamnesebogen)……. freut uns übrigens!!
    Liebe Grüße Doris und Josef

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