Das Abendessen an der Bahia de los Angeles mit Bob und Cindy, die übrigens mit ihrer Katze reist, war sehr nett, der Fisch und der sehr gute, mexikanische Wein waren ein echter Gaumenschmaus. Wir verabreden uns locker für Weihnachten an der Rattlesnake Beach, die etwa 500 km weiter im Süden liegt, und fahren weiter.
Die 35km lange Schotterstrasse zur Mission San Borja geht durch bergiges Gebiet und zieht sich, denn teilweise kommen wir nur sehr langsam voran. Dafür gibt es eine beeindruckende Flora am Wegesrand. Die vielen verschiedenen Kakteen erreichen teilweise unglaubliche Dimensionen. Es gibt merkwürdige Arten, die ich nie zuvor gesehen habe. Eine Fahrt durch ein Wunderland, die wir immer wieder zum Fotografieren unterbrechen.
Erst am späten Nachmittag kommen wir an der Mission an, eine Oase in der Wüste mit großen Palmen und heißen Quellen. Dort treffen wir Jose, der, praktisch sein ganzes Leben lang, unterstützt von seiner Familie das Bauwerk erhält und, wo notwendig, restauriert. Das Ganze nur durch Spenden finanziert.
Ab 1762 haben die Jesuitenpadres mit vermutlich nicht eben freiwilliger Hilfe der Indios die erste Mission errichtet, damals die nördlichste (!) ihrer Art. Etwas später, 1773, haben Dominikanermönche das Zepter übernommen und laut Jose, neben dem Bau einer neuen Mission ganz aus Stein (fertig um 1801), eine Schreckensherrschaft errichtet. Während seiner anschaulichen Führung durch das Gebäude erzählt uns Jose, dass die Mönche die einheimische Bevölkerung durch eingeschleppte Krankheiten und schwerste körperliche Arbeit (wieder ging es auch um Gold) so stark dezimiert hatten, dass sie selbst überflüssig wurden und die Mission geschlossen wurde (1823). Jose nennt die Zahl von etwa 3.000 Opfern unter den Einheimischen. Ich fürchte, die im Namen der katholischen Kirche in diesem Teil der Welt begangenen Gräueltaten werden uns auf unserem weiteren Weg noch öfter begegnen. Jose jedenfalls hält nicht viel von der katholischen Kirche, glaubt aber fest an Jesus Christus.
Die Mission selbst, mit Bruchsteinen aus den umliegenden Bergen gebaut, ist erstaunlich groß und besteht aus einem Kirchenschiff mit etlichen großen angrenzenden Räumen.
Wir übernachten auf dem Gelände der Mission und am nächsten Morgen geht es noch einmal 35 km weiter, zurück zum Mex 1 Highway, wobei die Umgebung am Ende wieder karger und wüstenartig wird.
Wir fahren noch 220 km weiter bis San Ignacio, einem aparten, kleinen Ort in einer Oase. Im Zentrum finden wir einen kleinen Park mit riesigen, weit ausladenden Lorbeer-Bäumen. Um den Park gruppieren sich diverse Restaurants und Cafes und wir genehmigen uns ein frühes Abendessen. In der Kirche, ebenfalls an dem Platz gelegen, übt eine fröhliche Gruppe von Kindern Weihnachtslieder. Alles sehr idyllisch.
Zum Übernachten fahren wir einen Campingplatz am Fluss an, wo ich eine große, streitende Gruppe von Blesshühnern füttere. Leider müssen wir in der Nacht noch auf einen anderen Platz umziehen, weil sich direkt neben uns eine große, laute Gruppe einquartiert.
Nächster Ort ist Mulege und etwa 15 km südlich davon biegen wir zur Playa Santispac ab, einer großen Bucht incl. Campground, in der schon viele Wohnmobile stehen. Als wir an den am Strand geparkten Womos entlangfahren, fallen uns zwei Fahrzeuge mit deutschen Kennzeichen auf. Wir halten für ein Schwätzchen an und beschließen dabei spontan, hier über Weihnachten zu bleiben. Die beiden Womos werden von Gottfried und Brigitte (Ford Transit Alkoven mit Esslinger Kennzeichen) und Thomas und Tini (Nissan Navara mit sehr schöner Eigenbaukabine aus Gilching). Daneben steht noch der 7-Tonnen-Monstertrailer (!) von John und Gayle aus Kanada und ein weiterer großer Trailer von Aron und Julie aus den USA.
John hat seinen Wohnwagen auf der Mex 5 – ihr erinnert euch vielleicht an die Bilder der zerstörten Strasse – ziemlich ramponiert, u.a. ist die Radaufhängung auf einer Seite gebrochen. Mir ist es ein Rätsel, wie er die Strecke überhaupt geschafft hat. Aron hat seinen Trailer einfach auf der oft sehr schmalen Mex 1 ziemlich beschädigt, als er beim Ausweichen vor einem LKW kurz von der Fahrbahn abkam. Beide Trailer mussten hier vor Ort aufwändig geschweißt werden.
Jedenfalls kommt hier eine illustre Gruppe zusammen, der wir uns gerne für ein paar Tage anschließen. Alle in dem Haufen sind viel gereist und wie immer gibt es viel zu erzählen. Die Nächte am Lagerfeuer oder nach dem Weihnachtsmenue in einer der Strandbars in der Bucht (mit anschließendem Abrocken bei einer Lifeband in der anderen Bar der Bucht!) werden lang und es ist erstaunlich, wie schnell sich bei Ratsch und Boule eine nette Gemeinschaft bildet. Den ganzen Tag kommen immer wieder Kolibris zu Johns Trailer, der dort eine entsprechende Tränke installiert hat. Wunderschön.
Abends bei Ebbe gehen die Möwen auf Muscheljagd. Sie suchen die Muscheln am Strand, tragen diese hoch über die Strasse hinter uns und lassen sie dann fallen. Die Muschelschale bricht und die Möwe hat ein Abendessen. Dass allerdings eine schusslige Möwe ihre Muschel auf die Haube von Arons Truck hat fallen lassen, fand Aron nicht so witzig.
Nach vier Nächten brechen wir wieder auf, der Abschied fällt richtig schwer. Wie schon am Weihnachtsabend fahren wir auch heute, am 2. Feiertag, die 15 km zurück nach Mulege und telefonieren mit den Lieben zu Hause. Die Telefonate wärmen das Herz und werden mit Wehmut bezahlt.
Vom Mulege geht es etwa 35 km nach Süden zur Playa el Requeson. Der malerische Landspitz ist gut besucht, es gibt aber noch genügend Platz. Wir errichten ein gemütliches Lager bei einer freien Palaga direkt am Wasser.
Gleich drei Womos weiter stehen Frank und sein Sohn Matthias aus dem Stuttgarter Raum mit ihrem Defender mit Wohnkabine. Frank fährt seit mehr als einem halben Jahr immer abwechselnd mit seiner Frau und seinem Sohn durch Kanada und die USA und jetzt eben die Baja hinunter auf dem Weg zum mexikanischen Festland.
Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg zur Insel am Ende der Bucht, wo es angeblich viele schöne Fische zu bestaunen gibt. Zunächst müssen wir durch hüfttiefes Wasser hinüber zur Insel, denn aktuell ist Flut, dann ein Stück durch die Mangroven am Ufer und dann quer über die Insel. Auf der anderen Seite ist es felsig und wir müssen über eine Felsstufe ein paar Meter zum Strand abklettern. Das macht Spaß. Auch das Schnorcheln ist herrlich, wir sehen Zebra-, Drücker-, wunderschöne Engelsfische (?) und einige Barsche.
Obwohl es hier traumhaft schön ist, soll nicht unerwähnt bleiben, dass die sanitären Anlagen (hier und auch schon am letzten Strand) eher unsäglich sind. Es ist für mich unverständlich, warum die Toiletten nicht in einem wenigstens erträglichen Zustand erhalten werden, schliesslich werden hier Campinggebühren erhoben.
Dann heißt es wieder Abschied nehmen und wir fahren weiter nach Loreto auf einen Campground im Ort. Loreto ist sehr touristisch und deshalb eine willkommene Abwechslung zu den Stränden. Das Ortszentrum ist hübsch und gepflegt, mit vielen Lokalen und Geschäften und der Campground Romanita liegt direkt an der Fußgängerzone. Frank und Matthias sind schon da und so gesellen wir uns zu ihnen. Es gibt Duschen und Toiletten, beide in erstklassigem Zustand. Während der zwei Tage, die wir hier sind lernen wir noch Nicole und Roland kennen, zwei esoterisch angehauchte Langzeitreisende mit einem älteren, grünen Mercedes Kastenwagen. Ausserdem kommen Konstantin und Dorothea, ein sehr nettes, junges Paar mit einem Landcruiser mit Dachzelt und Münchner Kennzeichen, die aus Südamerika kommend auf dem Weg nach Norden sind. So kommen wieder einige unterhaltsame Gesprächsrunden zusammen, in denen wir uns austauschen und Informationen für unsere weitere Planung sammeln. Einmal gehen wir mexikanisch essen und ein ander Mal in eine Bar mit Lifemusik, um eine Margarita zu schlürfen. Es ist windig und es wird kälter.
Am Sonntag den 30.12. eisen wir uns wieder los und fahren weiter zum Rattlesnake Beach, etwa 30km weiter südlich gelegen. Dort hoffen wir Bob und Cindy wieder zu treffen, um mit ihnen Silvester zu feiern. Eine unscheinbare Schotterpiste führt zum Meer und dann an der Bucht entlang. An der dicht mit Büschen bewachsenen Bucht gibt es immer wieder freie Stellplätze, in denen sich jeweils Fahrzeuge mehr oder weniger langfristig eingerichtet haben. Ganz am Ende der verwinkelten Piste gibt es noch einige „private“ Stellplätze, von Bob und Cindy jedoch keine Spur. Da Frank und Matthias morgen nachkommen möchten, bleiben wir einfach hier und geniessen mal wieder einen ruhigen Nachmittag am Meer. Bei einem Strandspaziergang finden wir ganze Halden von großen Muschelschalen, die hier langsam in der Sonne zerfallen. Diese Bucht muss einmal ein richtiges Paradies gewesen sein.
Am nächsten Morgen erfahren wir, dass Bob bereits bei Todos Santos ganz im Süden gelandet ist.
Wir verabreden uns mit Frank und Matthias, um uns gemeinsam Aqua Verde anzusehen, eine Bucht, bzw. eine Landzunge, die, gemäß der Kommentare anderer Reisender, zwar zu den schönsten Plätzen auf der Baja zählt, die aber nur über eine steile Abfahrt zu erreichen ist. Das ganze nach etwa 35 km schlechter Schotterpiste durch die Berge. Also eigentlich nichts für Wohnmobile, aber unser Ehrgeiz ist angestachelt! Wir fahren nach etwa 30 km auf der Mex 1 nach links Richtung Puerto Aqua Verde ab und können bestätigen, dass die Strasse durch die Berge schlecht und teilweise sehr schlecht ist. Dafür wird man mit einer tollen Umgebung, schroffen Bergen und einem Bewuchs aus grünen Kakteen und weißstämmigen Bäumen mit hellgrünem bis gelbem Laub, belohnt.
Da unsere Navis die verschiedenen Abzweiger an die Küste nicht mehr enthalten, ist das Finden des richtigen Abzweigers nicht ganz einfach. Die Beschreibungen sind nicht übertrieben. Die letzten 50m hinunter zum Strand sind für unsere Kisten heftig, sehr steil, ausgewaschen und geröllig. Unten angekommen machen wir es uns an dem herrlichen Platz gemütlich, schließlich ist heute der letzte Tag des Jahres 2018.
Während der Fahrt und hier zum Strand kreisen über uns (wieder mal) die Geier. Hoffentlich kein schlechtes Omen. Die Geier, von denen man hier ständig „überwacht“ wird, sind keine Gänsegeier (so wie im Dschungelbuch), sondern deutlich kleinere, fast schwarze Geschöpfe mit einem unschönen, roten Kopf.
Es gibt noch 3 oder 4 andere Parteien am Strand, in der Bucht liegen einige Segelboote vor Anker und ein relativ großes Schiff mit etwa 30 Abenteuer-Touristen, die hier entweder Kajak fahren oder reiten gehen. So gibt es Einiges zu sehen, leider ist es sehr windig. Wir essen zusammen, sitzen bis Mitternacht am Lagerfeuer, sprechen dem Alkohol zu und bereiten uns auf das erwartete Feuerwerk vor. Merkwürdigerweise liegen aber um 22:00 alle anderen Besucher der Bucht offensichtlich in ihren Betten und es wird sehr ruhig.
So bin ich der Einzige, der um 00:00 sein bescheidenes, aus Deutschland mitgebrachtes Feuerwerk abbrennt. Wir gratulieren noch Frank, der am Neujahrstag Geburtstag hat und gehen schlafen.
Am morgen sitzen wir draußen beim Frühstück, es ist leider bewölkt, und sehen zu, wie in der ganzen Bucht immer wieder Mobula-Rochen bis zu 1m hoch aus dem Wasser springen, dabei mit ihren „Flügeln“ schlagen und nach kurzer Flugstrecke wieder ins Wasser klatschen. Für dieses Verhalten gibt es keine Erklärung, es sieht aber so aus, als ob sie gerne wegfliegen möchten. Dieses verblüffende Schauspiel können wir über den Tag hinweg immer wieder beobachten.
Wir lassen die Seele baumeln und Frank backt einen leckeren Apfelkuchen. Mhhm! Alle sind entspannt und irgendwie scheuen wir davor zurück, die steile Rampe weg von Strand heute in Angriff zu nehmen. So verschieben wir diese Herausforderung auf den nächsten Tag.
Am Morgen sind wir etwas angespannt, wir besprechen eine Strategie, was wir machen, wenn ich es nicht schaffe und dann fahre ich mit dem vollen Programm, Untersetzung, 1. Gang und Hinterachssperre los. Der Toyota wuchtet die dreieinhalb Tonnen souverän die steile Rampe hinauf. Ich bin erleichtert und wieder einmal beeindruckt, was das Teil leisten kann, wenn es grob wird. Auch Frank‘s Landrover bringt seine Fuhre gut und sicher nach oben und so stehen wir noch ein paar Minuten über der Bucht und grinsen wie die Maikäfer.
Nach stundenlangem Gerüttel biegen wir wieder auf die Mex 1 ein. Heute wollen wir zu einem Campground bei La Paz, das sind noch etwa 250km.
Auf der Fahrt passieren wir Cuidad Constitution, ein größerer Ort, vor dem in Internet immer gewarnt wird. Auf der Fahrt durch den Ort gibt es 16 Stopschilder und die Polizei sitzt angeblich immer auf der Lauer um bei Nichtbeachtung abzukassieren. So sind wir super konzentriert, fahren langsam und halten immer schön an. Bis auf die zweimal, wo ich ein Stopschild übersehe und drüberfahre, undzwar jeweils an Kreuzungen, an denen die Polizei steht! Ich könnte mich ohrfeigen! Zu unserer großen Erleichterung wird die Polizei ihrem schlechten Ruf nicht gerecht und wir werden nicht angehalten.Wir fahren noch bis zum Campground Maranatha kurz vor La Paz, wo wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit ankommen.
Liebe Monika und Georg,
muss ein komisches Gefühl sein, so wie Ihr Weihnachten und Neujahr
zu verbringen. Mir gefällt am Besten an Eurer Reise, dass Ihr ohne jede
Druck (weder Zeit noch Ziel) fahren könnt, so quasi hier bleiben wir
ein Weilchen, nein fahren wir weiter usw. Schön, schön.
Bei mir ist wieder Ruhe eingekehrt( viele Besucher, viel essen)
Inzwischen haben wir Schnee, laut den Österreicher sollten 2 m
kommen, war aber sehr übertrieben.
Ihr habt ja alles abwechselnd , warm, kalt, Schnee, Wind.
Ich wünsche Euch, daß es bei Euch so ganz ohne gesundheitlich
Probleme weitergeht, viel Vergnügen.
Mama
Hallo Ihr beiden,
Während Ihr “steile Schotterpisten” tapfer um gerade mal 1 Tag verschiebt, verschieben wir unsere Abfahrt aus dem Mega tief verschneiten Leogang auf “unbestimmt”.Der Schnee ist inzwischen hüfthoch und lähmt das öffentliche Leben und den Straßenverkehr.
Ich wandere von Ofenbank zu Sofa ,hin und zurück ,und lese . Josef studiert das Outdoor-Buch” Festgefahren”……. was allerdings keine Hilfe für Schneemassen anbietet.
Es ist weiterhin wunderbar Euch auf Eurer Reise zu begleiten.
Ihr habt das total richtig gemacht, mit der Entscheidung, definitiv weg zu sein.
Ich bin ja nun auch in einen neuen Lebensabschnitt eingetreten, was sich prinzipiell gut anfühlt, aber meine freie Zeiten werden sich um die festgesetzten “Dienstblöcke” gruppieren, was auch etwas holprig sein könnte. Aber noch ist es spannend und die Arbeit in der Bereitschaftspraxis macht Spaß .
Ich wünsche Euch weiterhin eine pannenfreie Fahrt, und dass Euch nix passiert!!
Grüße aus den Tiefschneemassen! Herzlichst Doris & Josef
Hallo Doris, kling als ob es zu Hause deutlich abenteuerlicher wäre als hier!
Danke für deinen wie immer sehr netten Kommentar, der meinem Bericht in nichts nachsteht.
🙂
ha ha endlich mal Geländewagen gebraucht (im Allgäu sagetse do Tschip) da leuchten die Männeraugen : ) schöner Bericht, krieg ich gleich wieder Bajafieber !! und denkt mir an die Radler, bitte immer anhalten u. schauen was die/der brauchen….. weiterhin viel Glück