Zum ersten Mal auf dieser Reise hat Monika mich mit den Lieblingsbildern „überholt“. Aber schliesslich sind Entspannung und Margaritas angesagt und ja, ich habe es in letzter Zeit vielleicht etwas schleifen lassen…
Vom Maranatha Campground aus fahren wir problemlos mit Uber (man glaubt es kaum !) nach La Paz, der Hauptstadt der Baja, und schlendern durch das Zentrum der Stadt, die mit einer viertel Million Einwohnern schon ziemlich groß ist. Es gibt sogar einen Walmart und außerdem einen potthäßlichen Weihnachtsbaum von Coca Cola. Die hübsche Strandpromenade lädt zum Flanieren ein, mit einer ansprechende Kneipe neben der anderen.
Zurück im Campground treffen wir wieder auf Thomas und Tini aus Gilching, die wir von der Baja Santispac kennen.
Da wir eh noch auf unsere neue Dachhaube warten müssen, beschließen wir, das Ende der Baja gegen den Uhrzeigersinn zu umrunden und fahren dafür am nächsten Tag nach Todos Santos, einem hochgelobten kleinen Juwel mit etwa fünftausend Einwohnern am Pazifik. Hier haben sich viele Aussteiger-Gringos angesiedelt und es gibt eine gute touristische Infrastruktur, sprich viele, sehr ansprechend eingerichtete Lokale und Souvenirläden, was sich auch in den Preisen niederschlägt. Außerdem gibt es hier das sehr geschmackvolle Hotel California, das in dem gleichnamigen Welthit von den Eagles besungen wird. In Todos Santos wollen wir die angesagte Schlechtwetterfront aussitzen.
Durch Todos Santos läuft der Wendekreis des Krebses, ab hier beginnen also offiziell die Tropen. War es auf der anderen Seite der Baja noch kühl und windig, ist es hier sehr schwül und mit etwa 28 Grad auch sehr warm. Die Tropen eben! Der Kreislauf wird bei diesem schnellen Wechsel erst mal wuschig und braucht ein Weilchen, um wieder in den Normalbetrieb zu kommen.
Der einzige Campground liegt etwas außerhalb des Zentrums, wird von einer alten Amerikanerin geleitet und ist mit 100 Pesos (5 USD) preislich ok. Es gibt sogar warme Duschen. Die Vegetation hier ist auch tropisch, wir stehen inmitten von Bananenstauden und Palmen.
Nur die Hauptstrassen ganz im Zentrum sind geteert, wir müssen also jeweils etwa 10 Minuten durch eine eher ärmliche Gegend über Lehm und Sandstrassen zum Zentrum laufen.
Auch hier, wenn auch nicht so schlimm wie in einigen anderen Orten an der Ostküste der Baja, treten die Auswirkungen der Krise in 2008/9 auf den Tourismus auf der Baja in Form von unvollendeten Projekten deutlich zu Tage. Hier wird aber wenigstens noch gebaut, während andere Orte einen fast verlassenen Eindruck machen. Wir haben auf unserem Weg die Baja herunter viele optimistische Tourismusprojekte gesehen, die entweder als Bauruinen nie beendet wurden, oder die zwar in Betrieb waren, aber wieder aufgegeben wurden und verfallen. Ebenso sind viele bestehende Läden und Lokale geschlossen worden. Hier muss noch vor 10 Jahren eine große Aufbruchstimmung geherrscht haben. Diese Zeiten sind vorbei. Die aktuelle Politik der amerikanischen Regierung dürfte die Probleme der mexikanischen Touristikbranche sicher auch nicht mildern.
Wir bummeln ausgiebig durch Todos Santos, trinken ein Bier im Hotel California, kaufen ein kleines Monika-Souvenir und werden einmal auf dem Rückweg zum Campground ordentlich gewaschen. Die Temperatur bleibt aber hoch, die Luftfeuchtigkeit liegt bei über 80 %. Das Ganze betrachten wir als Vorgeschmack auf Tage, die noch häufiger kommen werden.
Im Norden von Todos Santos suchen wir eine „Aufzuchtstation“ für das Ausbrüten von Schildkröteneiern auf. Wir lesen, dass hier jeden Abend die während des Tages geschlüpften Schildkröten ins Meer entlassen werden. Das müssen wir uns natürlich ansehen. Diesen und die nächsten Tage verbringen wir in der Gegend an einem tollen Surfstrand, der einen Vergleich mit Hawaii nicht zu scheuen braucht. Hier hängen viele Wellenreiter am Strand rum oder reiten draußen die teilweise mehr als drei Meter hohen Wellen.
An zwei Abenden besuchen wir die Schildkrötenstation. Dort gibt es zu unserer Überraschung jeweils einen größeren Menschenauflauf. Alle wollen die süßen, kleinen Schildkröten sehen und bei Ihrer Freisetzung dabei sein. Ein richtiges kleines Happening.
An diesen Stränden legen Leather Back, Olive Ridley und Black Sea Schildkröten ihre Eier ab und dies vermutlich seit einer Zeit lange bevor irgendwelche Vorfahren des Menschen sich angeschickt haben, von den Bäumen auf die Erde hinabzusteigen. Wir reden hier von Zeiträumen, die sich in Millionen Jahren messen. Alle drei Schildkrötenarten sind inzwischen gefährdet.
Wir lernen unter anderem, dass die Schildkröten nach 8 bis 10 Jahren geschlechtsreif werden, dass sie bis zu fünf mal im Jahr Eier legen, dass die Eier normalerweise etwa 45 Tage brauchen (jetzt im Winter eher 55 Tage), dass sie derzeit ohne die Verbringung in eine Art Gewächshaus wegen zu niedriger Temperaturen wohl gar nicht mehr ausgebrütet werden würden und dass bei eher niedrigen Sandtemperaturen vorwiegend Männchen entstehen, bei hohen vorwiegend Weibchen. Die Organisation hier am Ort betreut (nur während des Winterhalbjahres) etwa 30km Sandstrand, wo sie versuchen, möglichst viele Eier zu „retten“. Zur Zeit werden täglich etwa 50 Olive Ridley (bei uns heißt sie Pazifische Bastardschildkröte, und dabei sind die so nett!) in ihren natürlichen Lebensraum entlassen. Einen Lebensraum, in dem die Tiere zusätzlich zu ihren natürlichen Feinden durch Plastik im Magen oder in zig-km langen Schleppnetzen verenden. Die sowieso schon geringen Überlebenschancen der jungen Schildkröten sind dadurch weiter gesunken. Die freiwilligen Helfer hier sorgen immerhin für ein größeres Starterfeld.
Gleich nach Sonnenuntergang geht es los (die Kleinen sind dann für ein paar Stunden durch die Dunkelheit geschützt) , alle Zuschauer stellen sich in einer Linie am Ufer auf und alle paar Meter wird eine Schüssel mit Jungtieren ausgeschüttet. An einem Abend darf ich höchstselbst ein paar der kleinen Racker laufen lassen. Einige laufen los wie die Feuerwehr, andere gehen es ruhiger an, wieder andere liegen, bereits ermattet, eine ganze Weile einfach im Sand. Da es hier große Wellen gibt, werden die Kleinen mehrmals wieder den Strand hochgespült, bevor sie nach und nach in den rauen Fluten verschwinden. Die Zuschauer feuern sie durch Zurufe an, aber schaffen müssen sie es alleine. Wunderschön, aber angesichts des Wissens um ihre höchst ungewisse Zukunft auch ein wenig traurig. Wir wünschen den Kleinen jedenfalls von ganzem Herzen Glück!
Wir bleiben einige Nächte an dem herrlichen Surferstrand, wo am zweiten Tag Frank und Matthias wieder zu uns stoßen. Unsere Versuche mit Schwimmen enden des öfteren mit einem ordentlich Waschgang. Mit diesen Wellen ist nicht zu spaßen.
Nebenbei mache ich wie immer kleine Reparaturen. Auf der Fahrt an den Strand ist z.B. plötzlich der linke Außenspiegel abgefallen, da hab ich erst mal ziemlich dumm geguckt.
Wir bewundern die Surfer und genießen die Tage in der warmen Sonne, während uns von zuhause Nachrichten von einem Schneechaos erreichen.
An einem Abend gehen wir ins „Green Room“, einem tollen, romantischen Restaurant direkt am Strand. Die Zeit vergeht im Flug und wir sitzen bis nach „Baja midnight“ (21:00) am Strand. Traumtage…
Weiter geht es Richtung Süden zunächst zum Strand von Pedrita, wo wir einmal übernachten und dann weiter bis Cabo San Lucas am Ende der Baja, denn unterwegs finden wir keinen schönen Platz mehr, der uns anlacht. In diesem sehr touristischen Ort, den man sich laut anderer Overlander getrost schenken kann, finden wir keinen Campground. Wir fahren zum „Lands End“ der Baja (wo ich mangels Parkplatz im Auto bleibe bis Monika ein paar Fotos gemacht hat) und enden schließlich auf dem Parkplatz der bekannten Bucht von Santa Maria. Was zunächst wie eine Notlösung aussieht entpuppt sich als kleines Juwel, denn diese kleine Bucht ist ein Schnorchelparadies. Hierher kommen auch die Ausflugsveranstalter des Ortes mit ihren Booten, wobei die kurze Fahrt auf dem Boot hierher mit einer Stunde Schnorcheln etwa 40 Euro pro Person kostet. Wir können den ganzen Tag hierbleiben, unser Platz kostet nichts, wir können hier sogar übernachten und es gibt Toiletten und Duschen. 🙂
Der Strand ist frei zugänglich, dahinter gruppieren sich einige Luxusressorts von Feinsten.
Monika ist in ihrem Element und wir verbringen zwei herrliche Tage am Strand. Da es Wochenende ist, wird der Parkplatz und die Bucht ziemlich voll durch lokale Badegäste, aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch. Beim Schnorcheln wird man nach wenigen Metern im Wasser von kleinen Schwärmen erstaunlich großer, bunter Fische umringt, die überhaupt nicht scheu sind. Man hat ständig das Gefühl, man könne sie anfassen. Es ist wie Schwimmen in einem Aquarium. Was für ein herrlicher Platz!
Am zweiten Tag kommen auch Thomas und Tini vorbei, die die Südspitze der Baja entgegengesetzt umrunden, und nach weiteren Schnorchelrunden wird es abends wieder spät.
Weiter geht es Richtung Norden, jetzt wieder die Küste des Golfo de California entlang. Wir passieren San Jose de Cabo. Später erfahren wir, dass sich ein kleiner Bummel durch die Stadt gelohnt hätte. Ist die Strasse zunächst noch geteert, geht es bald über eine schlechte Schotterpiste weiter, wobei es immer wieder Abstecher hinunter an den Strand gibt. An der Küste stehen laufend teils unglaublich luxuriöse Villen, wie man sie hier nicht vermuten würde. Dort wo es noch keine Bebauung gibt, wird das Land zum Verkauf angeboten. Irgendwann werden die Küsten der südlichen Baja dann komplett ausverkauft sein.
Wir übernachten an einsamen Stränden…
…und als wir in der Nähe von Capo Pulmo am Strand stehen, kommen plötzlich Bob und Cindy mit ihrem Sprinter an den Strand gefahren. Sie sind auf dem Weg nach San Jose de Cabo und haben unser Auto von der Strasse aus gesehen. Die beiden stehen ein paar Kilometer weiter direkt bei Capo Pulmo am Strand und so ziehen wir um und bleiben noch ein paar Tage dort.
Man kann hier wieder sehr gut schnorcheln. Einmal geraten wir dabei in eine dichte „Wolke“ aus großen, silbernen Fischen, die sich ganz ohne Hast synchron bewegen. Es ist merkwürdig und wunderschön. Ein andermal fahren wir noch ein paar Kilometer „ums Eck“, wo es noch Reste von Korallen und viele herrliche Fische gibt. Zum ersten Mal sehen wir hier aber auch Plastikfetzen im Wasser schwimmen und wir fürchten um die Schildkröte, der wir beim Schnorcheln begegnen (diese halten das Plastik für Quallen und fressen es).
Nächstes Ziel ist Los Barriles, das Windsurf- und Kite-Mekka auf der Baja. Dort gehe ich zuerst zu Aeroburo, dem Dienstleister, der meine neue Dachhaube mit Ventilator (für die heißen Tage) aus den USA hierher transportiert hat und die Haube ist tatsächlich da. Heureka! Später muss ich allerdings einen kleinen Rückschlag verkraften. Obwohl ich in meiner Bestellung superklar gemacht habe, dass ich nur und ausschließlich eine Haube für einen 16“ Dachausschnitt brauchen kann, haben sie mir eine für eine 14“ Dachauschnitt geschickt. Wieder ein Beweis, dass der Begriff „Homo Sapiens“ für unserer Gattung nichts als ein Witz ist. Da ein Umtausch nicht in Frage kommt, brauche ich einen Adapter, wenn möglich aus Aluminium, da unsere Aussenhülle ebenfalls aus diesem Material ist. Wir finden zufällig „Pedro’s Welding Shop“ gleich neben unserem Campground, der auch Aluminium schweißen kann und für 80 USD einen Adapter für mich anfertigt. So kann ich die falsche Haube dann letztendlich mit einigen Tagen Verzögerung und mit entsprechendem Mehraufwand doch einbauen. Hoffentlich lohnt sich der ganze Zirkus dann auch irgendwann.
Auf dem Campground Baja Norte treffen wir auch wieder auf Bob und Cindy, die hier ebenfalls einige Tage verbringen und so sitzen wir am 20. Januar sogar bis 23:00 zusammen am Strand und sehen zu, wie sich der Mond immer mehr verfinstert. Es kommt nämlich zu einer totalen Mondfinsternis, von der ich zufällig über meine Nachthimmel-App erfahren habe. Sonst hätten wir das spektakuläre Ereignis verpasst. Das Ganze dauert Stunden und ich bin erstaunt, wie klein die dunkelrote Kugel zum Schluss erscheint (leider zu dunkel zum Fotografieren).
Während dieser Tage sehe ich auch immer wehmütiger den Kitern zu. Es hat fast jeden Tag perfekten Wind, der nachts dann jeweils einschläft und morgens wieder aufwacht. Wir müssen weg von hier, sonst bleiben wir womöglich länger hier hängen und der Januar neigt sich bereits seinem Ende entgegen.
Wir sind jetzt sieben Wochen auf der Baja, höchste Zeit, aufs Festland weiterzuziehen…
Liebe Monika und Georg,
denkt ein bisschen an uns, wir sind im Allgäu wirklich einge-
schneit, Schneeschaufeln ohne Ende- Meterhoch, wir haben
Angst um unser altes Dach und die Bäume,.
So könnt Ihr Euern Strand noch mehr genießen,
Ich habe Fotos gemacht, daß Ihr, wenn Ihr mal wieder kommt
sehen könnt, wie es bei uns war.
Bis dann irgendwann.
Eure Mama