24. Ausrollen in den USA …

Nachdem wir von einem Nachbarn auf einem Campground im Death Valley einen Tip bekommen haben, wollen wir den Alabama Hills, die quasi auf unserem Weg liegen, einen Besuch abstatten. Die rundgelutschten Granitfelsen vor den Bergen der Sierra Nevada haben seit den 40er Jahren in vielen Filmen (vom Western bis hin zu Iron Man) als Kulisse gedient.


Wir machen eine kleine Wanderung zu einigen der vielen Felsbögen, übernachten gleich irgendwo zwischen den Felsen und drehen am nächsten Morgen nochmal eine Runde zu weiteren Bögen und fahren ein Stück in die Berge der Sierra Nevada hoch (oben am Parkplatz liegt schon etwas Schnee und der kleine Fluß dort oben ist bereits total vereist).

Alabama Hills mit den Bergen der Sierra Navada
Alabama Hills mit den Bergen der Sierra Navada
Sieht ein wenig gruselig aus...
Sieht ein wenig gruselig aus…
Stoamandl !?
Stoamandl !?

Das Gebiet der Alabama Hills ist ziemlich klein, aber trotzdem malerisch mit dem „überzuckerten“ Mount Whitney, dem höchsten Berg in den USA (ausserhalb von Alaska) im Hintergrund. Im Alabama Hills Cafe in Lone Pine kriegen wir ausserdem sehr guten Kuchen, was hier eher selten ist.
Zum nächsten Ziel, der South Rim des Grand Canyon, sind es ca. 900 km, eine elende Gurkerei.
Wir übernachten unterwegs in Barstow auf dem Walmart Parkplatz. Ab hier fahren wir auf dem Highway 40 Richtung Osten und damit auf oder neben der berühmten Route 66. Bevor wir den HW 40 nach Norden verlassen, sehen wir uns noch Seligman an, ein kleiner Ort, der ganz auf den Tourismus auf der Route 66 fokusiert ist. Die Gebäude entlang der Hauptstrasse haben ihre besten Zeiten lange hinter sich, versprühen aber einen nostalgischen, schrägen Charm. Neben den vielen Souvenirshops gibt es auch Lilo‘s Cafe, in dem wir sehr gute „German Bratwurst“ essen, ein Weihenstephaner Weizen geniessen und das Ganze mit einer guten Schwarzwälder Kirschtorte abschliessen. Während wir dort sitzen, kommunizieren wir mit Anna und den Schwangauern, die gerade zur gleichen Zeit, wahrscheinlich 10.000 km entfernt, das Tollwood unsicher machen. Schon verrückt, oder? 🙂

Dieses Motel wirbt mit neuen Farbfernsehern
Dieses Motel wirbt mit neuen Farbfernsehern
Route 66 Souvenirshop
Route 66 Souvenirshop
Begegnung im Souvenirshop
Begegnung im Souvenirshop

Wir erreichen den Grand Canyon am späten Nachmittag und gehen gleich zum Mathers View Point beim Visitors Center. Es ist schon toll, dass man den Canyon erst im letzten Moment plötzlich sieht und dann ist es einfach ein „WOW!“. Der Canyon ist einfach riesig. Wir machen während einiger Wolkenlücken noch ein paar Bilder, immer wenn wir mal kurz zwischen den Selfies der asiatischen Besucher, die hier mit Bussen hergekarrt werden, ans Geländer des Aussichtspunktes gelangen können. Es ist für mich nach wie vor unerklärlich, was so toll daran ist, auf Reisen zu den schönsten Plätzen der Welt immer nur Fotos von sich selbst zu machen. 😉
Wir übernachten einfach auf dem Campground hier im Park, der nur noch spärlich belegt ist. In den Sommermonaten undenkbar.
Nach einer kalten Nacht machen wir uns auf den Weg zum Canyon für einen Spaziergang entlang des Randes. Als wir losfahren wollen fällt uns ein Rabe auf, der auf „unserem“ Tisch am Platz sitzt und uns ganz neugierig beäugt. Monika holt eine Scheibe Brot, um ihn zu füttern (obwohl es verboten ist). Es dauert etwa 10 Sekunden dann ist Monika von mehr als 10 der großen Vögel umringt, die alle auch etwas vom Kuchen (Brot) abhaben wollen. Eine Szene, die aus „Die Vögel“ stammen könnte, aber natürlich völlig harmlos. Wir beide mögen diese schlauen Viecher.
Etwas später laufen wir dann zusammen mit einigen versprengten anderen Touristen entlang des Canyonrandes, parallel zur roten Bustour, zum Hermits Rest. Es ist kalt und windig, aber die Sonne scheint und wir machen viele Bilder vom Canyon. Die Dimensionen dieses Canyons sind einfach beeindruckend (innerhalb des Parks 350 km lang, bis 30km breit und bis 1800m tief). Der Spaziergang läßt diese Dimensionen ein klein wenig erahnen.

Groß, größer, Grand Canyon
Groß, größer, Grand Canyon
Wow!
Wow!

Da für die Nacht Schnee angesagt ist, geht es am Nachmittag schon wieder Richtung HW 40, um für unseren 300km-Rückweg nach Westen noch ein wenig Strecke zu machen. Wir übernachten kurz vor dem Highway kostenlos in einem Wald auf BML-Land. Schon eine praktische Einrichtung.
Morgens ist die Temperatur nahe dem Gefrierpunkt und es ist immer noch windig. An diesem Tag kommen wir bis Parker am Colorado, von wo aus es morgen zum Josua Tree NP gehen wird. Unterwegs kommen wir an einer lustigen „Schuh-Tankstelle“ vorbei, an der die vorbeifahrenden Leute irgendwelche Schuhe so hochzuwerfen versuchen, dass sie sich irgendwie in dem ehemaligen Dach der Tankstelle verfangen und hängenbleiben.

Schuh-Tankstelle
Schuh-Tankstelle
Weißes Schaf unter lauter schwarzen ;-)
Weißes Schaf unter lauter schwarzen 😉

Kurz vor Parker sehen wir uns in Lake Havasu City noch die London Bridge an, eine Brücke, die in London abgebaut und hier quasi originalgetreu über den Colorado wieder aufgebaut wurde. Das Ganze war ein „Geniestreich“ von Herrn McCulloch, der sein Vermögen mit Motorsägen gemacht hat. Muss man auch erst mal drauf kommen. 😉

London Bridge in Lake Havasu City
London Bridge in Lake Havasu City

Die Fahrt durch die nördliche Schleife und zum Cactus Garden im Joshua Tree NP ist schön und frustrierend zugleich. Schön wegen der vielen kletterfreundlichen Granitfelsen, den Kakteen und wegen der vielen Joshua Tree‘s, denen der Park seinen Namen verdankt. Frustrierend, weil wir auf keinem der Campgrounds einen Platz bekommen. Es ist Freitag und die Campgrounds sind bereits wieder voll mit Wochenendbesuchern!
So laufen wir an einigen markierten Stellen ein wenig durch die Gegend und übernachten auf einem iOverlander-Platz direkt ausserhalb des Parks mit herrlichem Blick über das nächtliche Twenty Nine Palms City. Als wir ankommen sieht Monika einen der großen Roadrunner und ein Kaninchen. Nachts heult ein Koyote unmittelbar neben unserem Auto. Ein Traumplatz!
Am Samstag fahren wir nochmal die Schleife durch den Park, machen einige kleine Wanderungen und beobachten Heerscharen von Kletterern, die sich an den Felsen tummeln. Der Fels sieht sehr einladend aus, allerdings findet die Absicherung praktisch ausschliesslich mit Klemmgeräten statt. So hält sich meine Wehmut in Grenzen, denn diese Art der Absicherung braucht Erfahrung, die wir nicht haben.

Joshua Trees in Joshua Tree
Joshua Trees in Joshua Tree
Monika im Cactus Garden
Monika im Cactus Garden
Skull Rock in Joshua Tree
Skull Rock in Joshua Tree

Am Nachmittag laufen wir zum Kaffee bei Ingrid in San Bernadino ein, mit der wir schon einige Tage im Yosemite und am Mono Lake verbracht haben und die uns schon erwartet. Wir plaudern den Rest des Nachmittags und übernachten direkt vor Ingrids nettem Häuschen in der Einfahrt. Am Sonntag nimmt Ingrid uns mit zu ihrem zweiten Domizil in Running Springs in den San Bernadino Mountains, wo sie speziell im Sommer viel Zeit verbringt, wo inzwischen aber bereits Schnee liegt. Dort oben ist es deutlich kühler als im Tal. Wir wandern zusammen zu einem Aussichtspunkt, wo wir einen schönen Überblick über die Gegend geniessen.

Orangenbaum in Ingrids Garten
Orangenbaum in Ingrids Garten
Weihnachtsstimmung beim Aufhängen der Beleuchtung
Weihnachtsstimmung beim Aufhängen der Beleuchtung

Auf dem Weg zurück nach San Bernadino fahren wir noch kurz bei Freunden von Ingrid, Byron und Wilma, vorbei. Byron, ein rüstiger Rentner, baut schon sein Leben lang Autos (z.B. Wüsten-Rennbuggies!) und Rennboote. In der üppig ausgestatteten Werkstatt steht ein altes Rennboot (Byron erzählt beiläufig, dass es damals bei den Rennen sehr oft Tote gegeben hat) und ein roter Zweisitzer (Sitze hintereinander), aussen langer Porsche 911, unter dem Blechkleid ein riesiger, alter V8 mit 520 PS! Aktuelles Projekt ist ein Oldtimer-Jeep, der mit riesigen Federwegen und einem V8 Motor komplett neu entsteht. Das alles im Eigenbau. Un-glaub-lich! Für Ingrid, selbst eine begabte Tüftlerin, und mich lebt Byron den Traum vieler Schrauber und Tüftler exzessiv aus.

Byrons Pseudo-Porsche
Byrons Pseudo-Porsche
Byron erzählt und wir staunen
Byron erzählt und wir staunen

Danach sehen wir uns noch kurz den Arrowhead Lake an, eine Naherholungsregion für den Großraum Los Angeles, an dem auch einige Größen von Film und Fernsehen Häuser besitzen.
Montag morgen verabschieden wir uns von unserer charmanten Gastgeberin und machen uns auf den Weg zu einer Werkstatt in Corona, „Yotamasters“, denn ich würde gerne noch die Stoßdämpfer wechseln lassen.
Den Werkstatt-Tip habe ich von Joseph. Mit ihm und seiner Frau Robin, die wir zufällig im Joshua Tree NP kennengelernt haben, hatten wir eine kurzweilige Unterhaltung. Joseph ist Mitglied im kalifornischen Club der Landcruiser-Freunde.
Ich hatte zum Thema Stoßdämpfer schon einige Versuche u.a. bei Toyotahändlern hinter mir, wo immer nur mit den Schultern gezuckt wurde: „We are sorry …“.
Eric von Yotamasters ist sehr hilfsbereit und findet passende Dämpfer von OME. Leider sind die vorderen Dämpfer nur in Idaho, die hinteren nur in Washington verfügbar. Also werden die Dämpfer per Express bestellt, was mich 100 Bucks extra kosten wird. Mal sehen ob das alles klappt.
Wir fahren für zwei Nächte auf den Campland Campground in der Mission Bay in San Diego. Teuer aber sehr schön und gepflegt. Als wir ankommen, macht ein „Wasser-Raketenmann“ am Ufer seine Übungen. Das sieht nach Spass aus…

Campland Campground in San Diego
Campland Campground in San Diego
Der Wasser-Raketenmann
Der Wasser-Raketenmann

Am Dienstag machen wir einen Ausflug in die Old Downtown von San Diego, die zwar touristisch, aber trotzdem sehr hübsch ist. Wir sehen uns allerlei „historische“ Gebäude an und machen eine irre aufwändig gestaltete Führung zur Geschichte eines berühmten Mormonen-Bataillons mit (etwa 500 Soldaten), das vor etwa 200 Jahren 2.000 Meilen quer durch die USA nach San Diego gezogen ist. Die ganze Geschichte wird während der Führung sehr anschaulich vermittelt, in der ich auch mal kurz als Soldat verkleidet wurde.

Historischer General Store
Historischer General Store
Schule in der Old Town
Schule in der Old Town
Wells Fargo Kutsche
Schöne Wells Fargo Kutsche
Soldat Georg vom Mormonen-Batallion
Soldat Georg vom Mormonen-Bataillon

Leider werden wir aus Zeitgründen den berühmten Zoo, den Flugzeugträger im Hafen, und die vielen anderen Sehenswürdigkeiten von San Diego verpassen.
Am Mittwoch, zuhause ist heute Nikolausabend, geht es wieder Richtung Corona, wo hoffentlich morgen die neuen Stoßdämpfer eingebaut werden. In Corona übernachten wir auf dem Walmart-Parkplatz – mal wieder.
Erste Aktion am nächsten Vormittag ist es, ein Weihnachtspaket für Anna und Tobi aufzugeben. Das erste Paket ist ungünstig, das zweite, in das wir das erste verpacken, wird deutlich teurer als gedacht und die Zettelwirtschft müssen wir auch mehrmals ausfüllen. Am Ende liegen einige Nerven blank, aber schliesslich ist das Paket aufgegeben und (hoffentlich) unterwegs.
Bei Yotamasters sind unsere Stoßdämpfer tatsächlich da und werden auch sofort eingebaut. Ich bin von dem Team dort und seiner unaufgeregten, professionallen Art sehr angetan und ich kann den Laden in der Elizabeth Lane in Corona für Toyotafahrer nur wärmstens empfehlen (www.yotamasters.com).

Nice team from Yotamasters
Nice team from Yotamasters

Eigentlich wollten wir heute noch Richtung Grenze nach Süden fahren, aber es gießt in Strömen und wir befürchten ein Verkehrschaos auf dem Interstate Highway. Deshalb verbringen wir noch einmal eine Nacht bei Walmart und warten das für morgen besser angesagte Wetter ab.
Gleich in der Früh geht es los und wieder bin ich, Kind vom Lande, überwältigt vom Verkehr hier im Großraum Los Angeles und San Diego auf dem teilweise auf jeder Seite (!) 8- bis 10-spurigen Interstate Highway.
Wir haben uns für den kleinen Grenzübergang von Tecate entschieden, denn in Tijuana, dem Übergang bei San Diego herrscht Ausnahmezustand. Dort lagern ja mehr als 5.000 Flüchtlinge aus Zentralamerika (Tendenz steigend), die über die Grenze möchten, es gibt Polizeieinsätze mit Tränengas, spontane Grenzschliessungen und Drohgebärden von Präsident Trump. Voller gespannter Erwartung fahren wir die kleine, inzwischen einsame Strasse durch die Berge zur Grenze von Tecate, die am Freitag, den 7. Dezember um 10:15 dann plötzlich und unvermittelt vor uns auftaucht. Hier endet unser Besuch der Vereinigten Staaten von Amerika.

Wir haben inzwischen etwa 36.000 km zurückgelegt.

Good bye, USA, Land der Extreme!
Das Land der Freiheit. Was haben wir hier nicht alles gesehen und erlebt. Viele der besuchten Landschaften sind einzigartig, viele mindestens großartig. Das Reisen hier ist einfach, die Entfernungen haben es jedoch in sich. Wir haben interessante Menschen kennengelernt und nette Bekanntschaften geschlossen. Aber der American Way of Life ist auch ein Stück weit fremd und verstörend geblieben.

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