Wir möchten für einige Tage nach Mexiko City reinfahren und werden hierfür unser Auto bei Pepe‘s RV Park in Tepotzotlan, einem Vorort von Mexiko City abstellen. Auf dem Weg von etwa 300km besuchen wir noch die Ruinen in Tula, eine Anlage, die von den Tolteken (einem neben den Mayas und den Azteken weniger bekannten Stamm) erbaut wurde.
Das
Besondere an dieser Anlage sind über 4 Meter große Kriegerfiguren,
die oben auf den Resten einer Pyramide stehen und über das Land
schauen. Tula war von 900 bis 1150 n.C. eine bedeutende Stadt mit bis
zu 35.000 Einwohnern. 1170 wurde die Stadt geplündert und später
von den Azteken zerstört.
Einem Mythos nach fuhr der
toltekische Priesterkönig Topiltzin, durch einen Gott gedemütigt,
auf einem Floß aus Schlangen von der Küste ostwärts über das Meer
davon. Er war hellhäutig, hatte lange schwarze Haare und einen Bart,
und versprach, zurückzukommen, um seinen Thron wiederzugewinnen. Als
Hernan Cortes 1519 an der Golfküste auftauchte, war der
Aztekenherrscher Montezuma
wegen des obigen Mythos sehr beunruhigt.
In Pepe‘s Camp bleibt unser Toyota zurück und wir lassen uns Samstag früh von Pepe‘s Sohn Ruben ins Zentrum von Mexico City (ca. 25 Mio Einwohner) fahren, wo er uns das Hotel Plaza Revolution (ca. 50€ incl. Frühstück) vermittelt hat. Am gleichen Nachmittag besuchen wir – von den über 30 Museen allein im Zentrum – das sehr beeindruckende Anthropologische Museum. Wir schlendern stundenlang durch die vielen Räume/Epochen und erhalten dabei eine Vorstellung der Besiedlungsgeschichte von Mexiko.
Als wir das Museum verlassen, geben einige Ureinwohner eine Vorstellung, bei der sich 4 junge Männer (Los Voladores) von einem auf einem 20m hohen Pfahl drehbaren Viereck jeweils an einem Seil hängend langsam bis zum Boden abseilen. Das ganze sieht aus wie eine primitives Kettenkarusell. Tage später sehen wir dieses Ritual in einem mehrere hundert Jahre alten geschichtlichen Dokument wieder.
Irgendwie sind wir in dieser Stadt überfordert. Es gibt beinahe unendlich viel zu sehen, aber die Entfernungen sind groß und das Wochenende ist auch hier ein Problem. Die meisten Museen z.B. sind am Sonntag für Einheimische frei und entsprechend geht es dort zu. Am Montag haben sie dafür meist geschlossen. Wenn es zuviel zu sehen gibt, macht man am Ende fast nichts.
So machen wir am Sonntag erst mal eine enttäuschende Stadtrundfahrt, in der die Beschreibung der einzelnen Sehenswürdigkeiten nur in Spanisch erfolgt. Danach wandern wir zum Zocalo, dem Hauptplatz der Stadt. In den Strassen der Fußgängerzone ist die Hölle los, die Mexikaner gehen gerne shoppen.
Auf dem Platz sehen wir indigene Ureinwohner, die mit wunderschönem Kopfschmuck und als Totenschädel geschminkt auf Kunden warten. Sie treiben durch abwedeln des Körpers mit Weihrauch nach uralten Traditionen die bösen Geister aus. Die Menschen – die sich beim Passieren einer Kirche bekreuzigen – stehen Schlange, um hier auf traditionelle Art ihre bösen Geister loszuwerden. Ein Widerspruch, der hier scheinbar niemanden stört.
Die Catedral de la Cuidad de Mexiko am Zocalo (Zentralplatz) ist wie zu erwarten riesig, mit einem regen Kommen und Gehen.
Wir fahren auf den Los Americanos Tower und blicken aus dem 38. Stockwerk auf die Stadt hinunter. Immer ein interessanter Blickpunkt. Von hier ist die Smog-Glocke besonders gut zu sehen. Die Sicht dürfte geschätzt bei etwa 4 Kilometern liegen.
Eine Wanderung durch die historische Altstadt fördert auch Skurriles zutage. Es gibt z.B.
–
eine lange Strasse, in der nur Brautkleider verkauft werden. Es
müssen mindestens 50 große Geschäfte sein, eins neben dem anderen.
Allein diese Dimension läßt auf das Einzugsgebiet der Kunden
schliessen, das schlichtweg riesig sein muss.
– eine Gasse im
Zentrum, in der noch Schreiberlinge ihre kleinen Stände betreiben.
Dort kann man immer
noch einen
Brief schreiben lassen.
Nach drei Nächten zurück in Tepotzotlan besuchen wir aus einer Laune heraus am Nachmittag noch das Museum im Zentrum des Ortes. Das weitläufige Jesuitenkloster aus dem 17. Jahrhundert, u.a. mit Schule für die lokalen, indigenen Sprachen, ist interessant, die angeschlossene Kirche ist ein absolutes Highlight. Ich habe im Laufe meines Lebens einige Kirchen gesehen, viele haben mich beeindruckt aber keine hat mich so überrascht wie diese kleine Kirche in einem unbekannten Vorort von Mexiko City. Beim Betreten der Kirche ist man erschlagen von den unglaublich ornamentreich gestalteten und komplett vergoldeten Wänden. Zwei aufwändig gestaltete kleine Kapellen mit originalen bunten Fliesenböden sind ebenfalls sehr beeindruckend.
Am nächsten Tag geht es Richtung Nordosten zu den Grutas de Tolantongo. Die Beschreibung der warmen Quellen mit Sinterterassenpools klingt spannend, das müssen wir sehen. Bevor wir das Ziel erreichen, fahren wir an mindestens 50 Läden und Ständen vorbei, die alle Badeanzüge, Schwimmhilfen und Wasserschuhe verkaufen. Das Eingangsportal liegt oben an der Kante zu einem schroffen Felstal mit Platz für ca. 80 große Reisebusse. Gottseidank sind wir nicht am Wochenende hierhergekommen. Dann geht es in engen Serpentinen in das Tal hinab, vorbei an großen Kakteen.
Unten gibt es eine große Anlage, Hotels und viele Restaurants, fast alle haben zu. Nach einigem Hin- und Her mit der Security finden wir einen schönen Platz direkt am warmen (!) Fluss (dem „Tongo“), der durch viele kleine Staumauern in eine lange Reihe von Schwimmingpools verwandelt wurde. Das Wasser hat eine geradezu unnatürliche türkise Farbe. Der Fluss ist gesäumt mit Bananenstauden. Wir haben praktisch einen warmen Privatschwimmingpool 3 Meter vor der Tür, den wir auch sofort nutzen. Einfach herrlich!
Am nächsten Tag besuchen wir zunächst Tunnel und Grotte. Auf dem Weg zum Tunnel läuft uns seelenruhig ein Nasenbär über den Weg. Der ist überraschend groß und hat die Ruhe weg.
Der Tunnel wird durch einen kalten Wasservorhang betreten und ist eine etwa 40 Meter lange, dunkle, warme Höhle, in der warmes Wasser von der Decke rieselt. Ein bisschen wie eine coole Biosauna. Nach 20 Metern muss man im Wasser weiter. Ich habe eine Lampe mitgebracht, denn ohne Licht geht hier nix.
War das schon cool, setzt die Grotte noch eines drauf. Man geht durch einen Vorhang aus kaltem Wasser, Kaskaden, die auf breiter Front über die Felsen herabkommen, in den warmen Pool unter einem Felsüberhang. Der Pool hat etwa 30m Durchmesser und am Ende geht es nochmal durch einen kleinen Tunnel in eine andere Grotte. Wieder ist Licht angesagt, denn hier ist es stockfinster. Ganz oben in der Grotte hängen einige Fledermäuse. Es gibt mehrere kleinere und größere Zuflüsse in beiden Höhlen. Alles ist überzogen mit sinterartigen Ablagerungen, die rundgelutscht sind und irgendwie organisch aussehen. Ein Ort wie aus einem Traum!
Nach
diesem Highlight geht es weiter etwa 20 Minuten hinauf zu den Pozas,
Sinterterassen an einem steilen Hang, die durch Einfassungen zu etwa
40 türkisen Pools umfunktioniert wurden. Von solchen Plätzen träumt
man vielleicht manchmal, aber dass es sowas wirklich gibt…
Wir
baden in diversen Pools und geniessen das warme Wasser mit Blick über
das Tal.
Anschliessend nehme ich die „Tirolesa“ zurück nach unten zum Campground, eine insgesamt fast 2 km lange Strecke über 4 Stationen, die man in einem Klettergurt an Rollen hängend an einem Stahlseil über die Landschaft dahinschwebt. In der Sonne ist es stechend heiß, das Thermometer zeigt 37 Grad im Schatten.
Supertouristisch, aber was für ein Ort!
Auf dem Weg zu den Ruinen von Teotihuacan verbringen wir das Wochenende in einem Freizeitpark bei den Minerals de Chico, dem ältesten Nationalpark in Mexiko. Der Park lockt Besucher mit Grillplätzen, Essensbuden und diversen möglichen Aktivitäten. Hier oben finden wir einen hübschen, ruhigen Platz und fühlen uns wie auf einer Almwiese zuhause. Nur dass wir hier 3.000 m hoch und trotzdem von dichtem Bewuchs und großen Tannen umgeben sind. Nachts wird es wieder zapfig, so um die Null Grad, und das ist auch der Grund, warum es hier wuseltechnisch trotz Wochenende erträglich bleibt. Tagsüber bleibt es mit max. 22 Grad auch eher kühl.
Am
Montag geht es dann
zu
den bekannten
Ruinen. Teotihuacan
gehört zum Unesco Weltkulturerbe, hatte in seiner Blütezeit eine
Ausdehnung von mehr als 20qkm, weit mehr
als 100.000
Einwohner und war damit die mit
Abstand
größte Ansiedlung auf
dem amerikanischen Kontinent. Bereits sechs Jahrhunderte vor Christus
besiedelt, war die Stadt von 100 bis 650 n.Chr. das kulturell und
wirtschaftlich dominierende Zentrum in Mittelamerika. Um 750 nach
Chr. war die Stadt verlassen. Bei
ihrer Einwanderung in das Gebiet fanden die Azteken nur noch
Jahrhunderte
alte
Ruinen vor.
Das Gelände ist weitläufig. Die Sonnenpyramide
entstand
um 100 v. Chr., ist
mit über
200m Kantenlänge und 65m
Höhe die
drittgrößte Pyramide der Welt und ziemlich beeindruckend.
Der
Ausblick von oben ist den anstrengenden Aufstieg über die steilen
Treppen wert.
Hier
herrscht natürlich ein ziemlicher Rummel, Teotihuacan ist fester
Bestandteil jeder ernsthaften Mexiko-Rundreise. Monika hat den guten
Zustand der Ruinen bemängelt, denn das Gelände ist sehr stark
restauriert und man verliert damit das Gefühl für das tatsächliche
Alter der Anlage.
Wir übernachten in einem Freibad…
…dann geht es weiter geht es Richtung Puebla, wo wir uns in Cholula die Kirche „Iglesia de Nuestra Señora de los Remedios “ ansehen, die im 16. Jh auf einem Hügel über der Stadt erbaut wurde. Später wurde festgestellt, dass dieser Hügel eigentlich eine Pyramide mit 450m Kantenlänge (und damit die größte bekannte Pyramide der Welt) war. Inzwischen ist bei archäologischen Ausgrabungen unter der Kirche ein 8 Kilometer langes Tunnelsystem entstanden. Vom Kirchenhügel aus hat man einen sehr schönen Blick auf den Popocatepetl (derzeit 5.642m hoch), der unablässig vor sich hinraucht.
Oaxaca (de Juarez), nächste Station unserer Reise, wird unter Travelern als eine der schönsten Städte Mexikos gehandelt. Wir quartieren uns etwas ausserhalb in Tule auf dem winzigen Overlander Oasis Campground mit 4 Stellplätzen ein, wo wir Frank und Klaus im Landrover wieder treffen. Die Stadt selbst, deren Zentrum ebenfalls Weltkulturerbe ist, ist ganz nett (speziell die Kirche Templo de Santo Domingo ist wirklich sehr schön), die Begeisterung einiger Reisender („schönste Stadt in Mexiko“) können wir allerdings nicht teilen. Vielleicht waren wir in jüngster Zeit auch in zu vielen Städten.
Wir besuchen auch den Monte Alban vor den Toren der Stadt, ein Zeremonialzentrum (erst der Zapoteken, später der Mixteken). In dieser Gegend war die frühere Hauptstadt der Zapoteken, und, ihr ahnt es schon, Monte Alban, 250 mal 750 Meter großes Zeremonialzentrum hoch über der Stadt, ist ebenfalls Weltkulturerbe. Die Zapoteken nutzten den Ort fast tausend Jahre lang, beginnend um 500 v.Chr.
Im Museum in Oaxaca können wir uns die Artefakte der Ausgrabungen ansehen, darunter die spektakulären Grabbeigaben aus dem „Grab 7“ (allein 3,5 kg Goldschmuck) aus der Zeit der Mixteken, die alte Gräber der Zapoteken wiederverwendeten. Auch eine gefundene, verzierte Schädelmaske ist archäologisch bedeutsam.
Auch in Tule, wo wir wohnen, gibt es eine Attraktion mit einem Superlativ: den dicksten Baum der Welt. Eine 1400 – 1600 Jahre alte Sumpfzypresse, deren Stamm sage und schreibe 14m Durchmesser hat. Um den Baum abzutransportieren bräuchte man mehr als 30 LKW mit je 20 Tonnen Nutzlast. Unglaublich und wunderschön.
Hier in Tule sind wir noch auf etwa 1500m Höhe, von nun an geht‘s bergab…
Zu
guter Letzt: ich muss mal
noch
ein Wort zu einem großen Problem in Mexiko loswerden, den Topes
(kleinere oder größere Schwellen auf der Fahrbahn, um die
Verkehrsgeschwindigkeit massiv zu drosseln). Jeder der in Mexiko
selbst
gefahren
ist, verflucht sie, denn wenn man einen übersieht, und das tut man
zwangsläufig, werden die Karten im Auto buchstäblich neu gemischt.
Auf den 20km Landstrasse vom Highway zu den Schmetterlingen habe ich
z.B. 60 Topas gezählt, drei davon habe ich im Licht- und
Schattenspiel übersehen. Danach stand, neben
den sonstigen Verwüstungen,
die Kaffekanne im vollen Frühstücksfach auf dem Kopf. Die
Einheimischen kennen alle Topes und rasen von Tope zu Tope, wo sie
jeweils fast zum Stand abbremsen müssen.
Fremde, wie wir,
fahren langsam und werden deswegen ständig überholt. Trotzdem
übersieht man immer wieder mal einen Tope,
erschrickt dabei zu Tode und
wird mit der Zeit wahnsinnig. Dass man die verbrauchs- und
umwelttechnischen Implikationen, sowie die durch Topes verursachten
Fahrzeugschäden in Kauf nimmt, wirft kein gutes Licht auf die
mexikanischen Verkehrsteilnehmer.
Hallo ihr 2,
auch ich verfolge wie wahrscheinlich hunderte andere neidvoll eure Abenteuer.
Begeht den heutigen Tag mit einer angemessenen Feier – wir jedenfalls haben mit langen Zähnen der Tiramisu nachsinniert. Ich gehe davon aus, dass Ihr irgendetwas erlebt, was sie vielfach in den Schatten stellt.
Servus,
Berny
Lieber Georg ( und auch Monika, kommt heute aber als zweit wichtigste Person an nr zwei ) :
ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG !
Weiterhin tolle Erlebnisse und atemberaubende Eindrueck fuer das neue Lebensjahr.
Lass‘ krachen & Dich gebührend feiern !
Liebe Grueße Doris & Josef
????☕️?
Servus Ihr beiden 😉
da habt Ihre ja wieder was erlebt. Der Wahnsinn. Im Allgäu alles beim alten, auf dem Nebelhorn noch mehr als 2 Meter Schnee und im Tag wird eifrig der Mist gefahren, es wird Frühling 🙂
Wir denken oft an Euch, Ihr habt uns sehr inspiriert. Einer unseren Lieblingsgeschichten . (Als wir den beiden Allgäuern in der Wildnis Utahs begegneten!) Auch unser Plan für die nächste Reise steht. Sind im November für 6 Wochen auf Tasmanien zu finden. Flüge sind gebucht und die Planung läuft.
Wir hoffen immer noch auf ein Wiedersehn auf ein paar Bierchen.
Bleibt gesund und genießt die Zeit. Es grüßen Euch herzlich Nici und Christian aus dem Allgäu
Hallo ihr beide! Endlich habe ich euren Blog gefunden, nachdem ich einen Tipp bekommen habe.
Sieht toll aus, ein Traum!
Alles gute, und lasst mal wissen, wie die Etappe durch den Darien Gap war 😉
Gruss aus Singapur!
Holla Gringos ?sehr schöner Bericht !! Und danke für das fleißige Schreiben ! Georg da kommst Du ja noch bei der ” blogger competitione” auf ‘s Treppchen.?Mensch Mexiko hat ja echt viel zu bieten kulturell , das lohnt sich ! Manche Langzeit Overlander meinen Guatemala sei am schönsten, bin ja gespannt ! hasta luego …..Übrigens Topes sind ein “Genuss”auf der hintersten Sitzbank in einem alten BlattfederBus?